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Armut in Bulgarien Die Alten von Potop und ihr einsamer Kampf ums Überleben

Die jüngste Bewohnerin im bulgarischen Potop ist 66 Jahre alt. Etwa 30 Leute leben noch im Dorf - in bitterer Armut. Konjunktur hat hier nur der Friedhof. Der Ort ist unfreiwillig zur Alterssiedlung geworden. Die Reportage aus einem Dorf, das vom Rest der Welt vergessen scheint.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das bulgarische Potop war einmal ein schönes Dorf mit 500 Einwohnern. Heute führt eine Autobahn in 20 Metern Höhe direkt über den Ort, noch rund 30 Leute leben hier.
  • Alle Jungen haben das Dorf verlassen. Eine Schule oder einen Kindergarten gibt es nicht mehr. Die jüngste Einwohnerin ist 66 Jahre alt.
  • Die Menschen leben in bitterer Armut. Vom Staat fühlen sie sich vergessen und verlassen.

Vier Kilometer und 400 Schlaglöcher führen vom Nachbarort nach Potop. Zwischen den Häusern des Dorfes stehen riesig die Betonpfeiler der Autobahn. Sie verläuft in 20 Metern Höhr direkt über Potop.

Den Dorfladen führt eine Frau aus dem Nachbarort. Sie hat den Überblick über die Einwohner: Etwa 30 seien es. Das wisse sie wegen dem Brot. «Ich führe eine Bestellliste, weil nur alle zwei, drei Tage eine Lieferung kommt.»

Gemeinsam mit dem Bürgermeister und dem Pfarrer kämpfe sie um dieses Dorf. Sie habe ein paar Stühle und einen Sonnenschirm gekauft, um einen Treffpunkt zu schaffen.

Kinder kann man hier nicht mehr grossziehen.
Autor: Raina Itova Einwohnerin von Potop

Auf einem der Plastikstühle sitzt Raina Itova. Sie ist 73 Jahre alt und hat ihr ganzes Leben in Potop verbracht. Mit ihrem Mann lebt sie von einer kleinen Rente und dem eigenen Garten. Die Kinder sind weggezogen; wie die aller anderer Einwohner: «Kinder kann man hier keine mehr grossziehen. Es gibt keine Schule, keinen Kindergarten. Nichts.»

Zittrig und mit kleinen Schritten nähert sich ein Bekannter. Er stellt sich als Kolio vor. Wie alt er ist, fällt ihm nicht auf Anhieb ein: «Der Kopf, wissen Sie.» Alte Geschichten gehen ihm leichter über die Lippen. Drei Hochzeiten habe er ausgerichtet für seine drei Kinder. Mit einem Nachbarn habe er ein dreistöckiges Haus gebaut. Heute lebt er allein dort. Der Sohn besucht ihn manchmal.

Ein Arzt oder eine Krankenschwester kommen nicht vorbei

Wie die anderen im Dorf, schlägt sich der alte Mann ohne medizinische Hilfe durch. Ein Glück gibt es Veselinka Velitschkowa. Mit 66 Jahren ist sie die jüngste im Dorf. Die Einwohner würden gegenseitig aufeinander aufpassen, erzählt sie. «Taucht jemand am Morgen nicht im Laden auf, schauen wir nach, was los ist.»

Neben der Gesundheit ist Armut ein grosses Problem. 3000 Leva, 1500 Franken, bringe die Frau von der Post jeden Monat. Die Renten für das ganze Dorf.

«Kein Wunder zerfallen die Häuser. Nur ein Geschäft läuft noch. Der Friedhof ist voll.» Die Leute würden ihre Toten hierher bringen, weil ein Grab billiger ist als in der Hauptstadt Sofia.

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