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Wahlen in Norwegen «Die einstige Aufbruchstimmung ist verflogen»

Norwegen wählt in einem Monat ein neues Parlament und eine neue Regierung. Es wird spannend, denn der konservativen Regierung droht die Abwahl. Was sie falsch gemacht hat, erklärt SRF-Mitarbeiter Bruno Kaufmann.

SRF News: Liegt in Norwegen wirklich eine Wechselstimmung in der Luft?

Bruno Kaufmann: Ja, das ist deutlich spürbar. Die einstige Aufbruchstimmung ist verflogen. Denn das Ölzeitalter Norwegens, der grosse Boom, neigt sich nun dem Ende zu. Es gibt mehr Arbeitslose, weniger Geld in der Staatskasse. Das schränkt die aktuelle Regierung ein, und die Opposition hat Aufwind bekommen.

Die Norweger scheinen unzufrieden mit ihrer Regierung. Woran liegt das?

Die aktuelle Regierung, die Konservativen und die rechts-gerichtete Fortschrittspartei, ist – wie so oft in Norwegen – eine Minderheitenregierung. Da kann man oft nicht alles so umsetzen, wie man es im Wahlkampf versprochen hat. Die jetzige Regierung hat aber auch sehr stark darauf gesetzt, die Ölförderung zu ergänzen und weiter auszukosten; vor allem im Norden des Landes, in der Arktis. Nicht nur Umweltkreise sind skeptisch. Auch die rot-grüne Opposition hat sich stets dagegen gewehrt. Man sieht: Viele in Norwegen sind der Meinung, dass man nicht noch mehr auf Öl und Gas setzen sollte.

Wenn es zu einer Abwahl der Regierung käme, wäre das auch das Verschulden des Juniorpartners, der Fortschrittspartei?

Es ist ein Phänomen, dass die Fortschrittspartei nach über 30 Jahren der Protestpolitik erstmals an der Regierung beteiligt wurde. Sie versprach viel. Sie wollte viele Beschränkungen lösen, Steuern senken, den Autoverkehr befreien, die Einwanderung begrenzen. Das alles hat nun nicht stattgefunden, obwohl die Fortschrittspartei an den Schalthebeln der Macht sitzt. Das führt dazu, dass sie weniger Zuspruch hat und die Konservativen Mühe haben, den eher radikalen Kurs dieser Partei mitzutragen.

Viele Wähler glauben nicht mehr an die Fähigkeit der Fortschrittspartei, die Wahlversprechen umzusetzen.

Heisst das auch, dass es inzwischen weniger Protestwähler gibt – also solche, die die Fortschrittspartei gross gemacht haben?

Die Fortschrittspartei, die noch vor wenigen Jahren 30 bis 40 Prozent in Meinungsumfragen und bei Wahlen mehr als ein Viertel der Stimmen bekommen hat, liegt jetzt irgendwo bei 10 Prozent. Viele Wähler glauben nicht mehr an die Fähigkeit dieser Partei, die Wahlversprechen umzusetzen. Es ist damit zu rechnen, dass viele gar nicht zur Wahl gehen werden. Die Stimmbeteiligung wird keine 78 Prozent erreichen, wie noch vor vier Jahren.

Was sind denn, ausser der Ölförderung, weitere Wahlkampfthemen?

Zum einen gehört die Sicherheitspolitik dazu, insbesondere das Verhältnis zu Russland. Norwegen grenzt ja an Russland, ganz oben beim Nordkap. Dort haben die Spannungen zugenommen. Deshalb stellt sich die Frage, wie sich Norwegen in der Arktis gegenüber Russland verhält. Diesbezüglich sind sich die politischen Parteien nicht einig. Zum andern ist die Minderheitenpolitik immer wieder ein Thema: Gleichzeitig wie die Wahl des norwegischen Parlaments findet die Wahl des Parlaments der samischen Minderheit statt. Das sorgt stets für Gesprächsstoff. Und letztlich wird auch immer wieder die Frage gestellt, wie viel Steuern erhoben werden müssen, um den Wohlfahrtsstaat aufrecht zu erhalten, wenn das Geld aus der Ölbranche nicht mehr so sprudelt wie zuvor.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

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