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Die Kunstjagd «Ich will Ihnen danken und nochmals danken»

«Engelberg» oder «Engel in den Schweizer Bergen» – Viele Schweizer Haushalte öffneten in den Kriegsjahren den jüdischen Flüchtlingen ihre Türen. In einem Zürcher Archiv liegen erschütternde Dankesbriefe von geretteten Juden.

Archiv für Zeitgeschichte

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Legende: Keystone

Das Archiv für Zeitgeschichte der ETH Zürich sichert Schrift-, Ton- und Bilddokumente aus privatem Besitz zur Geschichte der Schweiz vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart und macht diese Quellenbestände öffentlich zugänglich.

Im Archiv für Zeitgeschichte befindet sich der Nachlass von Gertrud Kurz. Zweihundert, vielleicht aber auch dreihundert Briefe liegen da in einer Archivschachtel.Gertrud Kurz hat in den Kriegsjahren eine Anlaufstelle für jüdische Flüchtlinge gegründet. Ihre selbstlose und doch wieder pragmatische Hingabe haben ihr den Namen «Mutter Kurz» eingetragen.

Die Juden, die es in die Schweiz geschafft habe, hatten Glück. Bereits 1938 wurden die Schweizer Grenzen geschlossen. Die jüdischen Flüchtlinge durften in der Folge keinem Berufserwerb nachgehen. Man wollte sie zur Weiterreise drängen.

Mit dem «Judenstempel» und dem bundesrätlichen Entscheid von 1942, Flüchtlinge aus Rassengründen grundsätzlich abzuweisen, brach für die Juden eine schlimme Zeit an. Wo die offizielle Schweiz das Herz verschloss, sprangen Einzelpersonen in die Bresche. Einfache Menschen, die sich dem Elend nicht verschliessen wollten.

«Den Korb erbitte ich zurück»

Wieder im Archiv. Beim Öffnen der Schachtel fallen kleine Briefe auf den Boden. Gertrud Kurz hatte regen Kontakt mit der Schweizer Bevölkerung und bat sie um Spenden für ihre Flüchtlinge. Vor allem Frauen haben ihr Esswaren, Geld und Kleider vorbeigebracht. Eine Spenderin schrieb ihr: «Liebe Frau Doktor! Hier kommt ein Körbli Äpfel für Ihre Emigrantenküche. Die Äpfel sind alle sofort zu verbrauchen: Die «Jubiläumsäpfel» als Kochäpfel, die anderen als Tafelobst (...) Den Korb erbitte ich zurück.»

Auf den Brief schrieb Kurz: «verdankt». Beim Zurückstellen der Schachtel entdeckt man im Regal noch mehr Ordner und Kisten. In einem liegen auch Zeichnungen von Geretteten. Und immer wieder: Dankesbriefe, mit der Hand geschrieben oder mit einer alten Schreibmaschine getippt. Ein jüdischer Flüchtling, der sich im Arbeitslager in Minusio-Locarno befand, hat von der

«Mutter Kurz» unerwartet ein Geschenkpaket erhalten: «Als ich am Samstagmittag nach Hause kam, waren viele schöne Sachen auf dem Tisch ausgestellt und meine Frau und meine Mutter standen da mit Tränen in den Augen.»

300'000 Kriegsflüchtlinge

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Während des Zweiten Weltkrieges nahm die Schweiz rund 300‘000 Kriegsflüchtlinge auf (darunter viele internierte Soldaten). Doch wurden auch Tausende an der Grenze wieder abgewiesen. Für sie konnte dies den Tod in Konzentrationslagern der Nazis bedeuten. Über 24‘000 Flüchtlinge wurden in den Kriegsjahren an der Grenze abgeschoben.

Von Flüchtlingsbatzen und Dankgedichten

Es ist dieses wärmende Licht, das in der Schweiz für die geretteten Juden leuchtete. Zu einer Zeit, in der man von allen Seiten nach ihrem Leben trachtete, öffneten viele Schweizer und Schweizerinnen ihr Haus und Herz den Vertriebenen. Unter anderem Paul Vogt (1900 - 1984). Das Elend der Juden hat den Pfarrer tief bewegt. Auf ihn geht der «Flüchtlingsbatzen» zurück. Im Archiv für Zeitgeschichte befindet sich sein Nachlass. Darunter ein grossformatiges Album: Ein Jahr nach dem Krieg erhielt «Flüchtlingspfarrer» Paul Vogt zum Geburtstag ein Dankesalbum von Juden, die er betreut hatte. Die Geretteten liessen sich porträtieren und schrieben dem Pfarrer einen Dankgedicht.

Paul Vogt hat auch die Freiplatzaktion initiiert: Schweizer Private luden jüdische Flüchtlinge in ihr Haus ein. Diese Aufnahme bei Schweizer Familien hat sich tief in das Gedächtnis der Flüchtlinge eingegraben. Nach Jahren der rastlosen Verfolgung und der unsicheren Zukunft fanden vor allem jüdische Kinder und Jugendliche ein neues Zuhause.

«Den Pfarrer durfte ich «Onkel Paul» nennen»

Die #kunstjagd

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Ein vor 77 Jahren verschollenes Gemälde, dem über 30 Menschen ihr Leben verdanken. Eine Suche, deren Ende völlig offen ist. Ein Rätsel, das wir mit Ihnen gemeinsam lösen wollen. Alles ist möglich, und Sie können live dabei sein. Das ist die #kunstjagd.

Im Nachlass von François Loeb finden sich Berichte wieder, die an diese Zeit erinnern. Manche Zeugen leben noch. Hannah Goldschmidt (*) war 11 Jahre alt, als sie mit ihrer Familie in die Schweiz flüchtete. Das Mädchen kam bei einem Pfarrer unter. Goldschmidt lebt heute in Israel. In etwas ungelenken Grossbuchstaben hält sie ihre Erinnerungen fest: «Die Familie nahm mich herzlich als «sechste Tochter» auf. Den Pfarrer durfte ich Onkel Paul nennen, die Pfarrersfrau Tante Helene. Die Familie pflegte vor jedem Essen zu beten. Da ich Jüdin war, musste ich nicht mitbeten, nur still sein und die Familie beim Beten nicht stören»

Hannah schrieb 1998, dass sie noch immer in Kontakt mit der Familie sei. Zur damaligen Kontroverse um nachrichtenlose Vermögen schrieb sie an Loeb: «Ich finde es richtig und wichtig zu betonen, dass der grösste Teil der Schweizer Bevölkerung sich fehlerlos während des Krieges benommen hat.»

Erinnerungen an das Weihnachtspäckli vor 60 Jahren

Es sind Kinder-und Jugendberichte, die aufhorchen lassen. Ein in Israel lebender Ingenieur berichtet mit Hochachtung, wie ihm damals ermöglicht wurde, an der ETH zu studieren. Einer berühmten Architektin, die heute im Grossraum Zürich lebt, kommt vor allem eine Erlebnis in den Sinn: Das Flüchtlingskind kam mit ihrer Familie illegal in die Schweiz. Auf der Flucht verletzte sich das Mädchen am Fuss und musste immer wieder im Spital behandelt werden. An einem Weihnachtsabend während des Krieges kamen Schweizer Soldaten in die Krankenzimmer und verteilten Weihnachtspäckli an die Kinder.

Die #kunstjagd auf Radio SRF 4 News ab dem 21. Mai 2015 jeweils donnerstags, um 9.45 und 15.15 Uhr sowie täglich auf srf.ch/news, Whatsapp, Facebook, Twitter, Instagram, Soundcloud, und Vimeo.

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