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Neue Koalition in Kosovo «Diese Regierung wird ihr Mandat erfüllen»

Die Partei des Schweizer Milliardärs Beghjet Pacolli war Zünglein an der Waage für die neue Regierungsbildung.

Mit einem spektakulären Richtungswechsel hat er dem ehemaligen UÇK-Kommandanten Ramush Haradinaj zu einer hauchdünnen Mehrheit für seine Regierung verholfen: Der Tessiner Bauunternehmer Beghjet Pacolli hat hart verhandelt, jetzt bestimmt er weitgehend die Geschicke der Regierung in Pristina.

Zuvor bildete er mit seiner Kleinstpartei ein Bündnis mit den Konservativen, jetzt steht er auf der Seite der sogenannten «Swiss Connection»: UÇK-Kämpfer, die Ende der 1990er Jahre den Widerstand in Kosovo aus dem Schweizer Exil organisierten. Dazu gehören auch Kosovos Präsident Hashim Thaçi und Ministerpräsident Ramush Haradinaj.

Die Schweiz als Vorbild

Mit Pacolli steigt ein weiterer Exponent mit Bezug zur Schweiz in die Führungselite Kosovos auf. 1990 gründete er in Lugano die Baufirma Mabetex, die ihr Geld mit grossen Aufträgen in Russland und anderen Nachfolgestaaten der Sowjetunion machte.

Pacolli ist stolz über die erweitere «Swiss Connection»: «Die Schweiz ist das Synonym für Demokratie und Toleranz. Dies müssen wir kopieren. Ich bin glücklich, dass wir das, was wir in der Schweiz gelernt haben, hier umsetzen können.»

Doch die wichtigsten Köpfe der Kommandanten-Koalition stehen unter Verdacht, im Kampf gegen Serbien von 1998 bis 2000 Kriegsverbrechen begangen zu haben. Der Hauptvorwurf ist Organhandel mit verschleppten Gefangenen, meistens Serben. Ein Spezialstaatsanwalt in Den Haag dürfte auf der Grundlage der Recherchen von alt Ständerat Dick Marty (FDP/TI) bald Anklage erheben.

Gegenüber SRF News spricht Pacolli über den Respekt, den er den UÇK-Kommandanten entgegenbringe. Sie hätten das Land befreit: «Doch das heisst nicht, dass es nicht auch Fehler gab während des Krieges. Es gab im Ersten und im Zweiten Weltkrieg Kriegsverbrechen, also gab es auch beim Zerfall von Jugoslawien Verbrechen.» Er sei froh, gebe es die internationale Justiz.

«Serben sind auch Bürger Kosovos»

Er sei gelassen hinsichtlich möglicher Anklagen gegen die Elite des Landes – und spielt auf Ramush Haradinaj an, der bereits einmal in Den Haag vor Gericht stand. «Einzelne sassen bereits in europäischen Gefängnissen, dann wurden sie freigesprochen, kehrten zurück – und leisten jetzt ihre Arbeit für das Land», sagt Pacolli.

Kosovo warte jetzt seit zwei Jahren auf diese Anklagen: «Es ist gut, wenn es Anklagen gibt gegen diejenigen, die tatsächlich Kriegsverbrechen begangen haben, und wenn es Kosovaren gegeben hat, die sich schuldig gemacht haben. Sie sollen dafür bestraft werden.»

Ein gewichtiges Wort in der neuen Regierung hat auch Belgrad mitzureden, weil die Koalition auf die Stimmen der serbischen Liste angewiesen ist. Die Partei der Kosovo-Serben steht in engem Austausch mit der serbischen Regierung. Klar brauche es einen Dialog mit Serbien, denn Kosovo habe sich für den Frieden entschieden: «Die ethnischen Serben sind Bürger von Kosovo. Ich glaube, es braucht mehr Zusammenarbeit. Ich nehme wahr, dass sie verstanden haben, dass sie nach Kosovo gehören und sich einbringen müssen.»

«Manchmal fühle ich mich wie in der Schweiz»

Die neue Regierung habe zwar eine fragile Mehrheit, es sei aber wichtig gewesen, die politische Blockade in Kosovo zu beenden: «Ich bin überzeugt, dass diese Regierung ihr Mandat bis zu den nächsten Wahlen erfüllen wird.» Es gehe jetzt um fortschrittliche Ideen für Kosovo – und Perspektiven für die Jugend.

Kosovo brauche die Visa-Liberalisierung mit Europa: «Der Westen weiss, dass es unmöglich ist, die Jugend in Kosovo einzuschliessen und ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Kosovo ist das letzte Land auf dem Balkan mit diesen Visa-Schranken.»

Pacolli spricht gegenüber SRF News viel über die Schweiz und die Diaspora. Es gebe viele Fortschritte dank der Kosovaren aus der Schweiz und anderswo: «Manchmal, wenn ich sehe, was in Kosovo alles gebaut und entwickelt worden ist, vergesse ich, dass ich in Kosovo bin – und fühle mich wie in der Schweiz.»

Sendebezug: SRF 4 News, 19.00 Uhr, 07.09.2017

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