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Sprengstoffanschläge beunruhigen die Niederlande
Aus SRF 4 News vom 18.07.2023. Bild: Keystone/Robin Utrecht (Archiv)
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Drogenhandel ausser Kontrolle Drogenkartelle: Die Niederlande haben ein massives Problem

In den niederländischen Drogenmilieus sind Sprengstoffanschläge rasant angestiegen. Seit Jahresbeginn hat die Polizei mehr als 300 solcher Angriffe verzeichnet. Inzwischen sind Anschläge auf Wohnungen und Firmengebäude an der Tagesordnung. Elsbeth Gugger, frühere SRF-Korrespondentin in Amsterdam, weiss mehr über die Hintergründe.

Elsbeth Gugger

Elsbeth Gugger

Niederlande-Korrespondentin, SRF

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Elsbeth Gugger war bis zu ihrer Pensionierung während mehr als 20 Jahren SRF-Korrespondentin für die Niederlande. Sie lebt in Amsterdam.

SRF News: Laut Polizei gab es bei diesen Sprengstoffanschlägen bisher nur wenige Verletzte und keine Toten. Was ist das Ziel dieser Explosionen?

Elsbeth Gugger: Offenbar geht es entweder um Erpressung oder Einschüchterung. Aber der Grund für beide Szenarien muss wohl in der Drogenszene gesucht werden. Die Niederlande sind eine immense Drogendrehscheibe, nicht nur für Marihuana, sondern auch vor allem für Kokain, Ecstasy und Crack. Wenn ein Syndikat für eine Ladung nicht bezahlt hat oder wenn die Polizei eine Ladung konfisziert hat, hat dies enorme Konsequenzen.

Die Drogensyndikate setzen junge Männer ein, damit diese die Brandbomben legen.

Drogenbosse sind bekanntlich alles andere als zimperlich. Und abgesehen davon geht in diesen Kreisen unglaublich viel Geld um. Die Syndikate können sich alles erlauben. Sie lassen nicht nur für Geld morden, sie versuchen es zum Beispiel auch mit Bestechung, etwa beim Zoll im Rotterdamer Hafen. Und sie setzen eben junge Männer ein, damit die Brandbomben legen.

Bei den Bombenlegern handelt es sich häufig um Jugendliche. Warum?

Es geht um Geld und auch um Ansehen. Für ein paar hundert Euro ist man dabei. Laut der Polizei sind jene, die die Bomben legen, jung bis sehr jung. Mehr als die Hälfte der 72 Verdächtigen, die die Rotterdamer Polizei in diesem Jahr verhaftet hat, ist 23-jährig oder noch jünger. Ein Viertel ist minderjährig. Und der Jüngste ist erst 14 Jahre alt.

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Aus dem Archiv: Brutale Drogenkriminalität in den Niederlanden
aus Echo der Zeit vom 15.07.2021. Bild: Keystone
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Was macht der Staat gegen die Bombengewalt?

Die Polizei rüstet natürlich auf. Bei den Sprengstoffanschlägen setzt sie vermehrt Drohnen und Spürhunde ein, die Sprengstoff riechen. So kommt sie der Täterschaft auf die Spur. Es geht aber um die Drogensyndikate und nicht um diese jungen Männer. Und hier ist einmal mehr die Politik gefordert.

Es ist zu bezweifeln, dass von der Politik her jetzt viel passieren wird.

Es gelte, viel Geld in die Problemviertel zu investieren, forderte am Sonntag ein Rotterdamer Polizist im Fernsehen: Die Jugendarbeit müsse verstärkt und den ärmeren Familien geholfen werden, damit diese sich gegen die lukrativen Angebote der Drogenwelt wappnen könnten. Diese Aufrufe sind nicht neu. Aber dass jetzt viel passieren wird, ist zu bezweifeln.

Die Politik ist zurzeit blockiert und kann aktuell keine grösseren Massnahmen beschliessen, weil die Regierung zurückgetreten ist. Was passiert also in den nächsten Monaten?

Das ist ein weiterer Grund für die Zweifel. Die gescheiterte Regierung darf ohne Zustimmung des Parlaments fast nichts mehr beschliessen – und sicher nichts Wichtiges. Neuwahlen gibt es erst im November. Bis dann wieder eine Koalition steht, dürfte es wohl Herbst 2024 oder noch später werden. Und bis dahin ist mehr oder weniger Stillstand vorprogrammiert. Das sind keine guten Nachrichten, insbesondere nicht für die Polizei, die vehement mehr Mittel fordert und nun noch sehr lange darauf wird warten müssen.

Das Gespräch führte Corina Heinzmann.

Im Podcast «News Plus» vom 17. Juli erklärt Elsbeth Gugger auch, wie die Drogenkartelle in den Niederlanden überhaupt so mächtig wurden und was das ihrer Einschätzung nach mit der dortigen Drogenpolitik zu tun hat.

SRF 4 News, 17.07.2023, 17:15 Uhr;

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