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Erdbeben-Tragödie auf Sulawesi Rettungskräfte schuften im Wettlauf gegen die Zeit

  • Die Zahl der Todesopfer im Katastrophengebiet auf Sulawesi ist weiter angestiegen.
  • Rettungs- und Bergungsteams aus aller Welt suchen weiter nach Überlebenden. Auch Schweizer Helfer sind vor Ort.
  • 200’000 Menschen benötigen nach UNO-Angaben dringend Hilfe.

Den Rettern geht die Zeit aus, Überlebende unter den Trümmern auf Sulawesi zu finden. Im verfestigten Schlamm dürften noch viele Leichen liegen. Dringend benötigte Hilfe erreicht aber langsam die Insel.

Knapp eine Woche nach den Erdbeben und dem Tsunami auf der indonesischen Insel Sulawesi ist die Zahl der Toten auf mehr als 1500 gestiegen.

Zweites Schweizer Hilfsteam

Auch in der Schweiz bereitete sich am Donnerstagnachmittag am Flughafen Bern-Belp ein zweites Experten- und Helferteam auf den Abflug und Einsatz im Katastrophengebiet vor. Der Transport erfolgt durch die Luftwaffe des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS).

20 Maschinen aus elf verschiedenen Ländern sollten Hilfsgüter bringen und Überlebende ausfliegen, wie der Chef der indonesischen Luftwaffe, Yuyu Sutisna, erklärte. Es hatte sich Frust breit gemacht über die, aus Sicht vieler, zu langsame Reaktion der indonesischen Behörden auf die Katastrophe. Es fehlte vielen weiter am Nötigsten.

87 Plünderer festgenommen

Mehrfach wurden Geschäfte auf Sulawesi geplündert. Auch von Warnschüssen der Polizei und von Tränengas liessen sich die notleidenden Menschen nicht abhalten. Mindestens 87 Plünderer wurden festgenommen. Die Armee warnte, sie werde auf Menschen schiessen, die Hilfsgüter plündern.

SRF-Korrespondentin Wenger zur Lage vor Ort

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Gestern Abend landeten die ersten kommerziellen Flüge, sowie erste ausländische Militärtransporter aus Indien und Singapur auf dem beschädigten Flughafen der Küstenstadt Palu. Sie bringen Wasser, Nahrungsmittel, Zelte und medizinische Hilfe und fliegen Verletzte aus. Die Hilfe kommt spät, für viele die noch unter den Trümmern liegen, zu spät.

Blockierte Strassen, Mangel an schwerem Gerät, um Verschüttete zu retten, und zerstörte Kommunikationsnetze hatten die Hilfstrupps tagelang behindert. In der Stadt Palu, die besonders schwer vom Erdbeben und dem Tsunami betroffen ist, spielten sich deshalb in den vergangenen Tagen chaotische Szenen ab. Überlebende plünderten Läden, stahlen Wasser, Benzin, aber auch elektronische Geräte.

In Donggala und anderen betroffenen Gebieten ausserhalb von Palu versuchten sich Überlebende mit Bananen und anderen Früchten am Leben zu halten. Nun sind die Hauptverbindungsstrassen und der Flughafen wieder offen und das Telefonnetz funktioniert wieder.

Die Helfer dringen nun auch schrittweise in Dörfer vor, die bislang von der Aussenwelt abgeschnitten waren. Langsam wird das ganze Ausmass der Katastrophe erkennbar. So wurde der 500-Einwohner-Ort Petobo am Rande von Palu komplett ausgelöscht, andere Orte wurden mitsamt ihren Bewohnern unter Schlammlawinen begraben. Laut dem indonesischen Katastrophenschutz haben mehr als 70'000 Bewohner von Sulawesis Westküste ihre Unterkunft verloren. 18 Länder, auch die Schweiz, haben nun Hilfe versprochen.

Die Geschäfte blieben zwar geschlossen, aber manche Bewohner des Katastrophengebiets bemühten sich, wieder ein Stück Normalität einkehren zu lassen. Er habe Reis, Öl, Zucker und Eier aus der Stadt Makassar im Süden der Insel bestellt, sagte Mastur, der Inhaber eines Ladens im Ort Kabenga Besar. «Sobald die Sachen ankommen, werden wir wieder verkaufen.»

Mirsan, ein weiterer Bewohner des Ortes, sagte, er sei dankbar, Hilfsgüter bekommen zu haben. Er wolle aber nicht von ihnen abhängig sein. «Ich hoffe, dass der Markt bald wieder öffnet.»

Hunderte Leichen noch im Schlamm

Der Sprecher des nationalen Katastrophenschutzes, Sutopo Nugroho, bezifferte die Zahl der Toten am Donnerstag auf mindestens 1558. Mehr als 2500 Menschen waren schwer verletzt. Die tatsächliche Zahl der Todesopfer liegt wohl noch deutlich höher. Die Leichen Hunderter Menschen, die vom Schlamm verschluckt wurden, seien noch nicht geborgen worden.

In zwei Vierteln der 350’000-Einwohner-Hafenstadt Palu hatte sich der Boden nach den Erdbeben in einen weichen Brei verwandelt – ein Phänomen, das als Bodenverflüssigung bekannt ist. Die Erde saugte alles auf und wirbelte es durcheinander. Manche Bewohner fanden später das, was von ihren Häusern übrig war, Dutzende Meter vom ursprünglichen Ort entfernt.

Dem Katastrophenschutz zufolge verloren mehr als 70’000 Bewohner von Sulawesis Westküste ihre Unterkunft. Die Vereinten Nationen schätzten, dass fast 200’000 Menschen auf Hilfe angewiesen waren. Aus aller Welt gab es Zusagen.

Die EU-Kommission aktivierte den europäischen Katastrophenschutz, um die Unterstützung zu koordinieren. Am Donnerstag kündigte sie humanitäre Hilfe in Höhe von rund acht Millionen Euro von der EU zusammen mit einigen Mitgliedstaaten an.

500-Seelen-Ort komplett ausgelöscht

Internationale Organisationen schickten zudem Helfer. Wegen der zerstörten Infrastruktur kamen diese nur langsam voran. Mitarbeiter der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften entdeckten einer Mitteilung zufolge am Mittwoch, dass der 500-Einwohner-Ort Petobo am Rande von Palu komplett ausgelöscht worden sei. «Helfer des Roten Kreuzes bahnen sich einen Weg durch Schutt und beschädigte Strassen, um neue Gegenden zu erreichen und zu versuchen, den Überlebenden zu helfen», sagte demnach die Sprecherin Iris van Deinse. «Überall finden sie Verwüstung und Tragödie.»

Seit Tagen wurden keine Überlebenden mehr unter den Trümmern entdeckt. Am Freitag, eine Woche nach der Katastrophe, läuft eine vorläufige Frist für die Rettungseinsätze ab. Danach gelten die Chancen als sehr gering – und viele traumatisierte Familien dürften allmählich traurige Gewissheit haben.

Glückskette sammelt für Indonesien

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Eine Flüchtlingsfrau hat ihren unterernährten 3 Monate alten Säugling auf dem Arm
Legende: keystone

Nach der Tsunami- und Erdbeben-Katastrophe in Indonesien wächst das Chaos. Die betroffenen Menschen haben alles verloren. Sie brauchen dringend Wasser, Essen, medizinische Versorgung und Unterkünfte. Die Glückskette sammelt deshalb weiter Geld. Spenden können auf das Postkonto 10-15000-6 mit dem Vermerk «Tsunami Indonesien» überwiesen werden. Auf www.glueckskette.ch sind ebenfalls Spenden möglich.

Einschätzung von NZZ-Korrespondent Manfred Rist

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Zur Kritik an den indonesischen Behörden wegen nicht funktionierender Warnsysteme und ausbleibender Hilfe sagt NZZ-Südasienkorrespondent Manfred Rist: «Offensichtlich hat das Alarmsystem versagt. Wieso genau, ist nicht klar. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Behördenversagens muss man sehen, dass die betroffene Region auf Sulawesi um Palu sehr abgelegen ist. Es ist deshalb fast unmöglich, innert kürzester Zeit zu reagieren. Vorwerfen kann man der indonesischen Regierung jedoch, dass sie es in den vergangenen Jahren seit dem Tsunami 2004 versäumt hat, die Bevölkerung für die im Inselstaat ständig lauernden Gefahren zu sensibilisieren. Das Erdbeben war eine Vorwarnung auf den Tsunami – trotzdem haben die Leute nicht reagiert. Auch müssen sich Behörden und Armee in Indonesien besser auf Katastrophen wie Erdbeben, Vulkanausbrüche und Tsunamis ausrichten. Es fehlt an Fundamentalem: Statt in Überschalljets sollte die Armee stärker in Transportflugzeuge und Helikopter investieren.»

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