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EU-Richtlinie über Feuerwaffen Tschechien richtet seine Gewehre gegen Brüssel

Die neue EU-Richtlinie ist nicht nur in der Schweiz umstritten. Die breiteste Ablehnung erfährt der Text in Tschechien.

Der Ständerat hat diese Woche das neue Waffengesetz angenommen. Damit hat die Schweiz die neue EU-Richtlinie über Feuerwaffen übernommen. Doch vielleicht war das gar nicht nötig. Denn im schusswaffenfreundlichsten Land Europas Tschechien macht sich eine breite Ablehnung der Richtlinie breit.

Jan Frank richtet seine Flinte in den Himmel und drückt ab. Eine Ente fällt vom Himmel. Doch statt stolz und zufrieden zu sein, ist der Jäger stinksauer. «Diese neue Waffenrichtlinie ergibt keinen Sinn. Die Europäische Union reguliert viel zu viel. Die allermeisten Terroranschläge werden ohnehin mit illegal gehaltenen Waffen gemacht.»

«Die Jäger sind nicht dumm»

Tatsächlich sind die Konsequenzen für die Jäger eher gering: Neu müssen die Jäger alle fünf Jahre ihren Waffenschein erneuern, statt wie bisher alle 10 Jahre. Und halbautomatische Gewehre mit grossen Magazinen sind künftig nicht mehr zugelassen. Verwendet werden sie bisher vor allem für die Wildschweinjagd.

Auch in der Zentrale des tschechischen Jägerverbandes ist die Empörung gross. Verbandssprecher Bohumil Straka fürchtet vor allem, dass die neuen Restriktionen nur der Anfang sind. «Die Jäger sind nicht dumm. Wir fürchten eine Salami-Taktik. Jedes Jahr wird der Waffenbesitz strenger und strenger reglementiert.»

«Dann müssten wir wohl dicht machen»

In Tschechien gibt es Tausende Sportschützen und Waffenfans. Geschossen wird die ganze Woche – auch sonntags – in privaten Schiess-Ständen. Je strenger das Waffengesetz, desto weniger Kundschaft habe er, sagt Schiessstand-Betreiber Rudolf Trojan, ein früherer Weltklasse-Schütze.

Er fürchtet um seine Existenz. «Die neuen Regeln werden unser Geschäft stark beeinträchtigen. Ich weiss noch nicht genau, wie stark. Aber wenn später noch mehr Einschränkungen kommen, dann müssten wir wohl hier den Laden dicht machen.»

«Starke anti-europäische Gefühle»

Im tschechischen Parlament steht keine einzige Partei hinter der neuen EU-Waffenrichtlinie. Die beiden Parlamentskammern sind bereit, die Richtlinie nicht umzusetzen und Sanktionen aus Brüssel in Kauf zu nehmen. Der parteilose Senator Václav Láska war früherer Präsident von Transparency International. Er glaubt, die neuen Regeln seien eine Mogelpackung aus Brüssel.

«Sie sagen uns, es gehe um Terrorbekämpfung. Aber in Wirklichkeit geht es darum, dass Länder ohne Kultur des Waffentragens, uns Tschechen ihren Lebensstil aufzwingen wollen.» Für viele eine Überraschung ist, dass auch die regierungskritische Piratenpartei gegen die Waffenrichtlinie ist. Ihr Abgeordneter Lukáš Kolářík fürchtet, dass sich die EU mit diesem Text buchstäblich ins Knie schiesst. «Diese Richtlinie wird unter den tschechischen Waffenbesitzern starke anti-europäische Gefühle erzeugen».

«Die unnützen Regeln vertreiben uns die Mitglieder»

Dass die Richtlinie tatsächlich in Teilen über das Ziel hinausschiesst zeigt auch das Beispiel der sogenannten «historischen Schützen». Diese inszenieren jedes Jahr historische Schlachten, wie jene von Austerlitz. In Zukunft wird der Besitz ihrer Vorderladerbüchsen viel mehr Papierkrieg erfordern, insbesondere bei Reisen ins Ausland.

Ihr Sprecher Jakub Samek sieht langfristig die ganze Bewegung der historischen Schützen in Gefahr: «Unser Hobby wird durch die ganze sinnlose Bürokratie immer komplizierter und teurer. Die unnützen Regeln vertreiben uns die Mitglieder. Wir haben grosse Mühe, überhaupt noch neue Mitglieder zu finden.»

Steht die Regelung auf rechtlich falschen Füssen?

Allerdings: die letzte Schlacht um die Waffenrichtlinie ist noch nicht geschlagen. Das letzte Wort wird der EU-Gerichtshof haben, und dafür ist die tschechische Regierung verantwortlich. Denn diese hat beim EU-Gerichtshof gegen die Feuerwaffenrichtlinie geklagt. Die Begründung: Die Richtlinie hat ihre juristische Grundlage im Artikel 114 des Vertrags von Lissabon.

Einer Bestimmung also, die geschaffen wurde, um den Binnenmarkt zu fördern. Die Feuerwaffen-Richtlinie wird aber mit dem Kampf gegen den Terror begründet. Die tschechische Regierung argumentiert nun, dass aus diesem Grund die ganze Regelung rechtlich auf den falschen Füssen steht und gekippt werden sollte.

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