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Chefstratege Bannon bestimmt Aussen- und Sicherheitspolitik mit
Aus Echo der Zeit vom 29.01.2017. Bild: Keystone
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US-Administration umgekrempelt «Experten sind etwas Feindliches gegenüber Trumps Revolution»

Was US-Präsident Trump mit der Umbesetzung seines Sicherheitsrats will, beleuchtet der Politologe Stephan Bierling.

US-Präsident Donald Trump hat eine weitere umstrittene Entscheidung getroffen und besetzt den National Security Council (NSC) neu. Der Sicherheitsrat berät den Präsidenten bei seinen militärischen und aussenpolitischen Entscheidungen. Traditionell gehören ihm der Generalstabschef und der Direktor der nationalen Geheimdienste an. Trump hat die beiden nun aus dem Rat entfernt und berief dafür seinen Chefstrategen Stephen Bannon als ständiges Mitglied.

Die Bedeutung des NSC und die personelle Umbesetzung durch Trumps erörtert Stephan Bierling, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Regensburg.

SRF News: Um was geht es bei diesem Personalentscheid?

Stephan Bierling: Das gab es noch nie seit Einführung des NSC, dass der Kommunikationsdirektor, also der politische Berater des Präsidenten [Bannon] einen festen Sitz in dem Gremium erhält, das sich um die aussen- und sicherheitspolitische Beratung des Präsidenten kümmern soll.

Was bedeutet die Zurücksetzung für den Generalstabschef und den Chef der Geheimdienste?

Trump «watscht» damit diese beiden Personen und ihre Institutionen ab. Er hat immer klargemacht, dass er nicht viel hält von der Expertise der Militärs und noch viel weniger der Geheimdienste. Dieser Hochmut des Präsidenten, Experten seien etwas Feindliches gegenüber der Revolution, die Trump anstrebt, manifestiert sich jetzt in der Besetzung des Nationalen Sicherheitsrats.

Was für eine Art von aussenpolitischem Stil zeichnet sich da ab?

Das ist ein ad-hoc-Stil. Wir wissen nicht, was Trump tun will, das ist typisch für ihn, er wirft Nebelkerzen und will unberechenbar bleiben. Und als zweites macht er Aussenpolitik vor allem aus politischen Erwägungen. Also immer unter dem Gesichtspunkt, was bringt es meiner Wählerklientel und meinem Ansehen. Alles wird so durch die «politische Mangel» gedreht und nichts erfolgt auf Grundlage von faktenbasierten Daten.

Welche Arten von aussenpolitischen Situationen werden im NSC besprochen?

Wie ein Präsident den National Security Council, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen einsetzt, liegt völlig bei ihm. Es gab Präsidenten wie Nixon, der überhaupt nicht auf ihn zurückgegriffen hat. Es gab aber Präsidenten wie der ältere und jüngere Bush, die dort sehr intensiv Kriegsfragen diskutiert haben, denken sie an die Irak-Kriege. Auch die Abwicklung des Kalten Krieges wurde im NSC intensiv besprochen. Hier werden wirklich ganz wichtige Entscheidungen vorbereitet. Wenn die nun politisiert werden, ist es gerade angesichts Trumps Unkenntnis von der Welt hochproblematisch.

Der Präsidentenberater Stephen Bannon erhält einen deutlichen Zuwachs an Macht mit dieser Berufung. Hat er denn Zugang zu den nötigen Informationen, um den Präsidenten militärisch zu beraten?

Den Zugang bekommt Bannon natürlich, als Hauptberater des Präsidenten muss ihm alles vorgelegt werden. Er hat Einblick in die «Daily Briefs, Link öffnet in einem neuen Fensterim Browser öffnen» der CIA. Aber das Problem ist, dass sich diese ganze Kamarilla [Privatkabinett] von Trump in einem faktenfreien Raum bewegt. Die besten Informationen helfen natürlich nichts, wenn die Berater und Präsiden diese Fakten nicht wahrnehmen und «alternative Fakten» kreieren zur Unterstützung ihrer politisch erwogenen Entscheidungen.

Aber Trump ist doch auf angewiesen auf eine gute Beziehung mit dem Generalstab und den Geheimdiensten.

Das denkt man normalerweise. Aber Trump ist auch hier ein Revolutionär. So despektierlich wie er den Geheimdienst behandelt oder über das Militär redet, das hat noch kein Präsident gemacht. Trump will diese Revolution und dieses Durcheinander ganz bewusst kreieren, damit die letzte Entscheidung immer bei ihm bleibt.

Sie halten also sein Vorgehen für systematisch?

Ja, da ist mehr System drin im Chaos. Zwar nicht in der Abfolge der einzelnen Massnahmen, da gibt’s keine Logik, ausser dass es das ist, was er im Wahlkampf versprochen hat. Aber viele seiner Exekutivanordnungen sind so schlecht vorbereitet, dass sie wahrscheinlich dem gerichtlichen Überprüfungsprozess gar nicht standhalten werden.

Er spielt im Moment für die Wählerschicht, die ihn ins Weisse Haus gewählt hat. Das ist seine Methode mit den Anordnungen, die er zelebriert, als ob er eine päpstliche Bulle oder Enzyklika unterschreibt. Aber es geht ihm letztlich nur darum, Aufmerksamkeit zu bekommen, in den Medien präsent zu sein und so seinen Wählern zu zeigen, dass etwas passiert. Ob das irgendwie das Los seiner Wähler oder das Schicksal Amerikas verbessert, das interessiert ihn nicht.

Glauben Sie, dass die amerikanische Demokratie dem standhalten wird?

Er wird eine lange Zeit haben, in der er sich so benehmen kann. Die republikanischen Führer im Kongress sind mucksmäuschenstill, weil sie Angst haben, dass er gegen sie auftritt, das könnte sonst ihre Wiederwahlchancen ruinieren. Solange Trump diese Dynamik und Brutalität der Durchsetzungskraft beibehält, kann diese Ära relativ lange dauern.

Irgendwann wird aber die «Gravitationskraft der Realität» einsetzen. Aber ich bin sehr skeptisch, denn auch nach dem Wahlkampf zeigt er, dass er sich wieder ausserhalb der Realität und der Fakten bewegt. Darum würde ich keine Wette eingehen, wann dieses Kartenhaus, das er hier aufbaut, in sich zusammenstürzt.

Stephan Bierling

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Stephan Bierling
Legende: Universität Regensburg

Der deutsche Politikwissenschafter leitet die Professur für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg.

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45 Kommentare

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  • Kommentar von M. Roe  (M. Roe)
    Wir wissen ja auch in Europa, wie es um die Glaubwürdigkeit der meisten von der Politik vorgebrachten Berichte +Gutachten steht. Es werden vor allem die veröffentlicht, welche der jeweiligen Regierung dienen. Da können noch so grosse Politologen, Professoren usw. behaupten, denn auch die sind ja abhängig von genau diesen Politikern die gedeckt werden wollen.Es muss wirklich etwas ändern, +wenn Donald Trump dies tut, sollten wir ihn dabei unterstützen. Wir verwünschen doch die Geheimniskrämerei!
    1. Antwort von Florian Kleffel  (Hell Flodo)
      Leider haben Sie damit recht, dass in der Politik zu viel Intransparenz herrscht. Die Lösung kann aber nicht sein, jemanden zum Chef-Strategen zu machen, der - respektive dessen Medium Breitbart - systematisch unglaubwürdige Nachrichten wie das Leugnen des Klimawandels verbreitet. Wie der Mann glaubwürdiger sein soll als ein Professor, ist mir schleierhaft. Und wenn Sie sich für Verschwörungstheorien interessieren, schauen Sie sich doch mal Goldman Sachs, seinen ehemaligen Arbeitgeber, an.
  • Kommentar von Hans Bernoulli  (H.Bernoulli)
    Geheimdienste und das Militär werden von Neocons dominiert. Diese sind für die ruinöse (!) Kriegspolitik der USA seit Bush jr. verantwortlich. 2001 beschlossen die Neocons, 7 Länder zu bekriegen (u.a. Irak, Syrien, Libyien, Somalia, Iran). Obamas grösster fehler war, diese Leute nicht ersetzt zu haben - falls er wirklich Frieden gewollt hätte (aber er war gemäss Andrew Kreig eine Marionette der CIA). Trump macht dies richtig, er muss bei den Geheimdiensten und beim Militär "ausmisten".
    1. Antwort von m. mitulla  (m.mitulla)
      Sehe ich auch so, H.Bernoulli. Wäre Hillary Clinton gewählt worden, ginge die Kriegstatktik genauso weiter wie bisher. Trump zeigt Widerstand - hoffentlich hält dieser Widerstand gegen die Kriegstreiber an.
  • Kommentar von m. mitulla  (m.mitulla)
    Trump ist in den USA demokratisch und nach den vorgegebenen Regeln zum Präsidenten gewählt worden. Nun setzt er seine Wahlversprechen um, wobei vieles im Parlament relativiert werden wird. Eines der zentralen Versprechen Trumps war es, eine Entspannungspolitik mit Russland zu betreiben. Das wäre im Interesse Europas. Warten wirs ab. Das passt vielen Experten nicht - insbesonder eingefleischte Transatlantiker wollen weiter wursteln wie bisher.
    1. Antwort von Heiner Zumbrunn  (Heiner Zumbrunn)
      Es ist korrekt, dass Herr Trump demokratisch korrekt gewählt ist. Nicht mit der Mehrheit der Wahlstimmen. (Nur dass das nicht wieder vergessen geht) Wie will Herr Trump Entspannungspolitik betreiben, wenn er nicht einmal wissen kann, was die aktuelle Situation der Kommunikation mit Russland ist, nach dem er mit den massgebenden Leuten nicht diskutiert oder gar zuhört (zuhören, welche Dummheit). Putin überlistet den Plauderer Trump bevor der merkt, dass man verhandelt. Ob das gut ist für Europa?
    2. Antwort von Hans Bernoulli  (H.Bernoulli)
      @ H. Zumbrunn: Viel wichtiger ist, dass sich Trump nicht von den Vertretern des militärindustriellen Komplex überlisten lässt, die Kriegspolitik der USA weiterzuführen. Putin ist kein Kriegstreiber, er sucht im Gegenteil eine Verbesserung der Handelsbeziehungen. Er will Russland nicht durch Militäraktionen vorwärtsbringen, sondern durch ökonomische Entwicklung. Aber genau dies wollten die USA bzw. die Neocons des militärindustriellen Komplexes Russland verweigern.
    3. Antwort von Albert Planta  (Plal)
      Naja, Adolf Hitler wurde auch demokratisch gewählt. Leute wie Putin, Trump, Erdowahn sind eine echte Gefahr für die freie Welt und den Frieden! Das hat nichts mehr mit liberte, fraternite, egalite zu tun!
    4. Antwort von m. mitulla  (m.mitulla)
      Auch durch tausendfache Rechthabereri bleibt es dabei: Trump hat die Volkswahl gewonnen - und zwar nach den Regelen der USA, welche - ganz ähnlich unserem Ständemehr - so die Provinz aufwertet. Das ist die Grundlage der Staatengemeinschaft und ein Ausgleich zwischen Stadt und Land.
    5. Antwort von Florian Kleffel  (Hell Flodo)
      Frau Mitulla, Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen. 1.: Wahlen und Abstimmungen sind grundverschiedene Dinge. 2.: Würde das Ständemehr so funktionieren, dann würden die Stimmen aller Stimmberechtigten eines Kantons an das Ja- oder Nein-Lager gehen, selbst wenn das Ergebnis z.B. 49% zu 51% wäre. Fakt ist auch: Das System mit den Elektoren kommt aus Zeiten ohne moderne Kommunikationsmedien, als die Wahlmänner nach Washington reisen mussten. Wie zeitgemäss das heute ist, überlasse ich Ihnen.