In der Fussball-Nation Grossbritannien haben die Fussballfreunde ein hartes Wochenende erlebt. Gewissermassen den «Blackout» der Fussballberichterstattung. Nachdem sich Starmoderator Gary Lineker kritisch zum neuen Migrationsgesetz der britischen Regierung geäussert hat, hat ihn der britische Fernsehsender BBC als Moderator einstweilen abgesetzt.
Kollaps der BBC-Fussballberichterstattung ist einzigartig
Von der weltberühmten Fussballsendung «Match of the day» blieb am Ende nur noch das Signet übrig. Die meisten Kolleginnen und Kollegen solidarisierten sich mit Lineker und verweigerten am Samstag schlicht den Dienst. Erstmals in der Geschichte der Kultsendung mussten die Spielzusammenfassungen aus den Fussballstadien ohne jegliche Kommentare ausgestrahlt werden.
Visuell zwar immer noch Fussball, aber akustisch so orientierungslos wie die Tonkulisse aus einem Hallenbad. Der Kollaps der Fussballberichterstattung der BBC ist einzigartig. Am Abend musste sich BBC-Direktor Tim Davie auf allen Kanälen wortreich entschuldigen.
Seine Aufgabe sei es jedoch ebenso, die Unparteilichkeit der BBC zu garantieren. Indem Lineker die Tonalität des neuen Migrationsgesetzes der britischen Regierung mit dem Sprachduktus der Nazis verglichen habe, sei die Linie klar übertreten worden. Die Suspendierung des ehemaligen Captains der englischen Nationalmannschaft sei deshalb unvermeidlich gewesen.
BBC zwischen den Fronten
Seither füllt der Fall Lineker die Frontseiten. Wobei der Fussballer auf den Bildern deutlich entspannter aussieht, als der BBC-Direktor. Denn egal, was dieser entscheidet, Davie wird in jedem Fall im Regen stehen. Linke Kreise sehen in Lineker einen Märtyrer für die Redefreiheit und danken ihm für seinen Mut, seine prominente Stimme für die Geschundenen zu erheben.
Der Stein des Anstosses – Linekers Kritik am neuen Gesetz der britischen Regierung
Für konservative Politiker dagegen ist es eine Entgleisung, die einmal mehr illustriert, wie tendenziös die BBC sei. Für Linekers fürstliches Salär von jährlich gut 1.5 Millionen Franken müssten Hunderttausende von britischen Gebühren-Zahlerinnen und Zahlern hart arbeiten. Nicht alle von ihnen würden Linekers politische Meinung teilen, argumentieren sie. Der Starmoderator missbrauche deshalb seine Prominenz, die er der BBC verdanke.
Unabhängigkeit der BBC strapaziert
Konservative Parlamentarier verlangen vom Aufsichtsrat der BBC eine Untersuchung. Doch ausgerechnet dessen Vorsitzender Richard Sharp strapaziert die Unabhängigkeit der BBC selber gerade ziemlich arg. Unmittelbar vor seiner Wahl in sein hohes Amt hat er dem damaligen Premierminister Boris Johnson ein privates Darlehen von rund 1 Million Franken vermittelt. Notabene jenem Mann, der am Ende seine Beförderung unterzeichnet hat.
Ob dabei Richtlinien oder nur der Anstand verletzt wurde, wird immer noch untersucht. Unabhängig vom Ergebnis stellen sich aber bereits heute viele die Frage, weshalb für den Fussball-Moderator nicht die gleichen Regeln gelten wie für den obersten Chef.
