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International Französischer Humorist: Geht es um Redefreiheit oder um Dummheit?

In Frankreich wird zur Zeit um den Komiker Dieudonné gestritten. Er erregt weniger mit Humor Aufmerksamkeit, als mit antisemitischen Bemerkungen. Frankreichs Politik hat gezögert, hat aber doch gehandelt und seine nächste Auftritte verboten. Doch Volkes Meinung ist geteilt.

Seit über 20 Jahren macht Dieudonné Mbala Mbala als Komiker von sich reden. Er tritt regelmässig im kleinen «theatre de la main d'org» im 11. Arrondissement von Paris auf. Zuerst im Duo mit einem jüdischen Kollegen, später als Solist.

Dieudonné war nicht seit jeher Rassist, er galt früher als Linker und trat 1997 bei Wahlen in der Gemeinde Dreux gegen einen Kandidaten des Front National an. Doch seine Witze wurden immer ungeniessbarer, und Dieudonné hat den Front National mit der Zeit gewissermassen rechts überholt. So bezeichnete er die Gedenkfeier der Ausschwitzbefreiung als «Pornografie des Gedenkens». Er trat mit dem Holocaust-Leugner Robert Faurisson auf der Bühne auf. Und er gab unlängst zu verstehen, dass jüdische Journalisten in die Gaskammern gehörten:

Der Komiker Dieudonné will provozieren. Er irritiert immer wieder mit dem sogenannten Quenelle-Gruss, einer von ihm erfundenen eigenartigen Geste, bei der die linke Hand auf den nach unten ausgestreckten rechten Arm gelegt wird. Viele sehen darin eine Anspielung auf den Hitler-Gruss.

Auftritte nun verboten

Innenminister Valls rechtfertigte heute vor dem Parlament das Auftrittsverbot: «Die Auftritte dieser Person haben nichts mit Kunst und Kreativität zu tun. Trotz verschiedener Verurteilungen wegen Anstiftung zum Rassenhass wiederholt sie bei jedem Auftritt ihre unerträglichen Sprüche. Sie verbreitet den Antisemitismus, Hass gegen Juden, deshalb mussten wir handeln.»

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Ein Komiker erregt die französischen Gemüter
aus Echo der Zeit vom 07.01.2014. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 45 Sekunden.

Dieudonnés Anwälte auf der andern Seite werfen dem Innenminister vor, er verletzte die Redefreiheit. Sie wollen das Verbot per Richterspruch aufheben lassen. In der Tat steht es juristisch auf wackligen Beinen. Die Präfekten argumentierten in ihrem Dekret, die Auftritte stellten eine Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.

Kritiker geben auch zu bedenken, das Verbot verschaffe dem zweideutigen Komiker erst recht Publizität. Dieudonné erfreut sich im Internet ohnehin schon einer grossen Popularität.

Nicht alle sind fürs Verbieten

Doch nicht nur unter Politikern, auch auf dem Quartiermarkt der «Place des Fêtes» im 19. Arrondissement von Paris ist der Komiker ein Thema: Viele Marktbesucher haben Verständnis für das Verbot. «Er ist ein Dummkopf. Wenn jemand solche Dummheiten erzählt, ist es recht, dies zu verbieten, es ist doch nicht normal, solche Sachen zu sagen», sagt ein Passant.

Doch nicht alle denken so. Eine Gruppe von Händlern lässt sich in eine Diskussion übers Verbieten verwickeln: «Nein», meint einer von ihnen und fügt an: «Man hat das Gefühl in einem besetzten Land zu leben. Man kann nicht alles verbieten. Immer mehr Einwanderer kommen. Sie haben bald mehr Rechte als wir, Innenminister Valls soll sich doch mal umsehen, es geht schlecht, sehr schlecht»

Die Wirtschaftskrise hat ein Klima geschaffen, in dem der Fremdenhass floriert. Auch Dieudonné ist eine Sumpfpflanze, die auf diesem Boden gedeiht. Und die Politik hat ihre liebe Mühe, damit umzugehen.

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