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Maduro will Gewaltenteilung aushebeln
Aus Echo der Zeit vom 30.07.2017. Bild: Keystone
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Wahltag in Venezuela Gewalt und widersprüchliche Angaben

Das Wichtigstein Kürze

  • Informationen der Regierung und Opposition zur Höhe der Wahlbeteiligung widersprechen sich.
  • Demonstranten blockierten Strassen, um den Urnengang zu stören. Rund 200’000 Soldaten sollten die Wahl schützen.
  • Einer der Kandidaten für die verfassungsgebende Versammlung in Venezuela ist wenige Stunden vor der Wahl getötet worden. Über weitere Todesopfer gibt es widersprüchliche Angaben von Regierung und Opposition.

Mahnende Worte der Schweiz

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Die Schweiz rief die venezolanische Regierung dazu auf, auf die Wahl zu verzichten. Dies um zu verhindern, dass die Situation weiter eskaliere, wie das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) am Samstag schrieb.

Begleitet von internationaler Kritik und Protesten leitete Venezuela erste Schritte für eine Verfassungsreform ein. 19,4 Millionen Menschen waren zur Wahl der 545 Mitglieder einer verfassungsgebenden Versammlung aufgerufen.

Laut Angaben der nationalen Wahlbehörde lag die Wahlbeteiligung bei gut 41 Prozent, 8,1 Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner hätten ihre Stimme abgegeben. Die Opposition widerspricht: Sie geht von einer sehr tiefen Wahlbeteiligung von nur gut 10 Prozent aus. Sie verwies dazu auf Zahlen, welche sie aus der Behörde erhalten habe. Dennach wurden nur 2,48 Millionen Stimmen abgegeben – bei 19,4 Millionen Wahlberechtigten.

Schon Stunden vor der Bekanntgabe der Stimmbeteiligung durch die Wahlkommission hatte der Präsident des Parlaments, der Oppositionelle Julio Borges, unter Verweis auf Informationen aus der Wahlbehörde mitgeteilt: «Der grösste Wahlbetrug in unserer Geschichte. Die Behörde wird mehr als acht Millionen Stimmen verkünden, sie verdreifachen fast das wirkliche Resultat.»

Mehrere Menschen getötet

Die Opposition hatte im Vorfeld für einen Boykott der Wahl geworben. Sie wirft Präsident Nicolás Maduro vor, er wolle die verfassungsgebende Versammlung mit eigenen Anhängern besetzen, um sich «diktatorische Vollmachten» zu sichern. Sie hat für Montag zu neuen Protesten aufgerufen. «Wir erkennen diesen betrügerischen Prozess nicht an, für uns ist er nichtig, er existiert nicht», erklärte Oppositionsführer Henrique Capriles in Caracas.

Einer der Kandidaten für die verfassungsgebende Versammlung in Venezuela war wenige Stunden vor der Wahl getötet worden. Mehrere Angreifer drangen in der Nacht zum Sonntag in das Haus von José Félix Pineda in Ciudad Bolívar ein und erschossen den 39-jährigen Anwalt, wie die Staatsanwaltschaft via Twitter mitteilte.

Insgesamt sollen laut Oppositionsangaben im Umfeld der Wahl 15 Menschen getötet worden sein, die Staatsmacht spricht von 10 Todesfällen.

Drohende Worte von Maduro

«Wählt für den Frieden, für die Zukunft», sagte Maduro vor der Wahl. Die Pläne der Reform sind aber unklar. Wiederholt hatte Maduro deutlich gemacht, dass ihm das von der Opposition dominierte Parlament ein Dorn im Auge ist.

Ende Juni hatte er mit Blick auf die Verteidigung des «Sozialismus des 21. Jahrhunderts» betont: «Wenn wir es nicht mit den Stimmen schaffen, dann werden wir es mit den Waffen machen.»

Das Land mit den weltweit grössten Ölreserven wird von einer dramatischen Versorgungskrise erschüttert. Es fehlt an Lebensmitteln und Medikamenten. Maduro macht den gefallenen Ölpreis und einen «Wirtschaftskrieg» des Auslands verantwortlich. Er bezichtigt die USA, gemeinsam mit der Opposition einen «Putsch von rechts» zu planen. Darum wurde auch die Bewaffnung von 500'000 sozialistischen Milizen angekündigt.

Wahlbürger unter Druck gesetzt

Da fast nur Sympathisanten der Sozialisten für die 545 Sitze in der verfassungsgebenden Versammlung kandidierten, stand das Ergebnis schon vor der Wahl praktisch fest. Entscheidender ist die Wahlbeteiligung.

Mitte Juli sprachen sich bereits 7,5 Millionen Venezolaner in einer symbolischen Befragung gegen Maduros Pläne aus. Die Wahl wird daher Rückschlüsse auf seinen Rückhalt liefern – allerdings wurde laut Medienberichten auf hunderttausende Arbeiter und Angestellte in staatlichen Unternehmen mit Textnachrichten und Telefonanrufen erheblicher Druck ausgeübt, an der Wahl teilzunehmen.

Sturm der Entrüstung tobt auf Twitter

Anhänger der Opposition lassen im Internet Dampf ab. Tibisay Lucena, die Präsidentin der Wahlbehörde, habe die Zahlen manipuliert. Die Zahlen seien verdreifacht worden. «Ich wusste, dass Tibisay Lucena eine Verbrecherin ist. Aber ich hätte nie gedacht, dass sie sich das getraut», twittert Journalist und Polit-Analyst Manuel Malaver.

«Es ist das einzige Land, wo ein bisschen mehr als zwei Millionen Wähler am Schluss acht Millionen Stimmen ergeben», entrüstet sich ein Fernsehmoderator und nennt Tibisay Lucena im selben Tweet als Ratte.

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