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«Helvet Immo»-Prozess beginnt Franken-Euro-Drama der Paribas-Schuldner vor Gericht

Hat Frankreichs grösste Bank die Wechselkursrisiken von Hypotheken in Fremdwährung vorsätzlich verschwiegen?

Vor dem Strafgericht Paris steht seit Dienstag die Grossbank BNP Paribas. Es geht um die Frage, ob das Institut zu Beginn der Finanzkrise Kunden mit toxischen Hypotheken in Schweizer Franken über den Tisch gezogen hat.

«Helvet-Immo» hiess das Hypothekargeschäft, das die Tochter der Grossbank BNP-Paribas in den Jahren 2008 und 2009 ihren Kunden schmackhaft machte: Der Name sagt es: Es geht um Wohneigentum, helvetisch solide finanziert.

Hypothek in Franken – rückzahlbar in Euro

Der französische Staat motivierte damals mit grosszügigen Steuergeschenken die Bürgerinnen und Bürger, ihr Eigenheim zu kaufen. Die Bank bot eine günstige Hypothek in Schweizer Franken an, wo damals die Zinssätze deutlich tiefer waren als in Frankreich. Aber rückzahlbar in Euro – das heisst, die Kunden hatten das Wechselkursrisiko.

Die Bank warb mit dem damals recht stabilen Wechselkurs zwischen Euro und Schweizer Franken. Das machte vielen Kleinkunden Eindruck, die oft wenig Erfahrungen mit Geldanlagen hatten und nicht an grössere Wechselkursschwankungen dachten.

Bei 1.60 Franken war die Welt noch in Ordnung

Anfangs 2008 war ein Euro gut 1.60 Franken wert, praktisch Höchststand. Dann begann der Abstieg. Bei einem Wechselkurs von 1.50 Franken gab die Bank ihr Geschäft mit «Helvet-Immo» auf. Die Hypothekarschuldner dagegen sassen in der Falle. Durch langfristige Verträge blieben sie gebunden und mussten zuschauen, wie ihre Schuldenlast mit dem Absturz des Euro immer schwerer wurde.

Der Saldo für «Helvet-Immo»-Kunden ist bitter: Auch wenn viele inzwischen einen Grossteil der ursprünglichen Hypothek abbezahlt haben. Ihre Schuld – in Euro gerechnet – ist heute in vielen Fällen grösser, als der Betrag, den sie vor zehn Jahren erhalten haben, wie Beispiele in französische Medien zeigen.

Ungenügende Aufklärung über Risiken?

Die Staatsanwaltschaft Paris ermittelte seit Jahren in diesem Fall. In den kommenden drei Wochen rollt sie ihn vor Gericht auf. Die Kernfrage: Hat das Personal der Bank ihre unerfahrene Kundschaft mit Absicht nicht über die Risiken von Hypothekargeschäften in Fremdwährung informiert.

Auch rund 2000 «Helvet-Immo»- Kunden treten als Nebenkläger vor Gericht. Wenn sie alle der Gerichtsverhandlung persönlich folgen wollen, überfordert dies die Kapazität des Gerichtsaals im Justizpalast Paris bei weitem. Denn der Saal bietet höchstens 200 Plätze.

Praxis wurde verboten

Allein dieser Andrang dürfte dem Fall «Helvet-Immo» einen Platz in der Geschichte des Justizpalastes sichern – ganz unabhängig vom Urteil, das die Richter fällen werden. Er soll auch Sonderfall bleiben: Denn solche Hypothekargeschäfte in Fremdwährungen sind in Frankreich inzwischen per Gesetz verboten. Ausser für Grenzgänger, die ihren Lohn in Schweizer Franken beziehen und so das Wechselkursrisiko besser einschätzen können.

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