Winde aus Afrika sorgen diese Woche für eine Hitzewelle in Südosteuropa. In Serbien haben die Behörden eine Hitzewarnung ausgesprochen. Speziell in der Hauptstadt Belgrad sind die Menschen der Hitze besonders stark ausgesetzt. SRF-Auslandredaktor Janis Fahrländer erklärt, warum die Politik die Stadt weiter aufheizt.
Wieso ist es in Belgrad besonders heiss?
Die Stadt ist dicht bebaut. Es dominieren Beton und Glas, Grünflächen gibt es dagegen nur wenige. Am heissesten wird es in den Quartieren im Stadtzentrum, wo die Häuser am dichtesten beieinanderstehen. Dort werden an Hitzetagen in den Strassen Temperaturen von über 50 Grad gemessen.
Warum nimmt das Hitzeproblem zu?
Wegen verschiedenen Neubauprojekten wie etwa «Belgrade Waterfront»: Das Stadtquartier wurde in den letzten zehn Jahren entlang des Flusses Save gebaut. Das Quartier an sich ist bereits eine Wärmeinsel. Es gibt dort kaum Bäume, gebaut wurde es mehrheitlich mit hitzeabsorbierendem Material wie Glas. Die vielen Hochhäuser des Quartiers bilden zudem einen Riegel, der kühlende Winde, die vom Fluss her Richtung Zentrum wehen würden, blockiert. Aber auch an anderen Orten der Stadt wurden in den letzten Jahren bestehende Grünflächen durch private Immobilienprojekte überbaut, weitere Projekte sind geplant.
Wieso planen die Behörden so?
Weil sie die Interessen privater Investorinnen und Investoren über jene der Bewohnerinnen und Bewohner stellen. Es gab und gibt Kritik am Vorgehen der Politik. Das Projekt «Belgrade Waterfront» stösst auf teils breite Ablehnung. Doch die Regierung rund um Präsident Aleksandar Vucic, dessen Partei auch die lokale Politik dominiert, ignoriert diese Kritik. Sie stellt das neue Quartier als Zeichen des wirtschaftlichen Fortschrittes dar.
Welche Folgen hat diese Politik langfristig?
Wenn es in diesem Stil weitergeht, dürfte die Stadt laut einem Meteorologen der Universität Belgrad im Jahr 2050 ähnliche Temperaturen haben wie heutzutage Kairo. Dabei ist die Hitze schon jetzt eine starke Belastung: Der Meteorologe hat errechnet, dass in gewissen Quartieren auf die insgesamt 90 Sommertage im Jahr im Schnitt ganze 50 tropische Nächte kommen.
Wie sieht es in anderen Städten des Balkans aus?
Auch in Städten wie Skopje oder Tirana hat ein Bauboom in den letzten Jahren das Problem verstärkt. Wie in Belgrad sehen Expertinnen und Experten auch in diesen Städten die Korruption als zentrales Problem. Einerseits wird der Immobiliensektor genutzt, um Geld zu waschen. Viele Immobilien werden mit Bargeld bezahlt, was ein klarer Indikator dafür ist. Mithilfe von Schmiergeldzahlungen können Investoren zudem bestehende Gesetze und Regulierungen umgehen. Die Folge ist ein städtebaulicher Wildwuchs, unter dem die Bevölkerung leidet, gerade in solchen Hitzeperioden.