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International Die Türkei aus Sicht eines regierungskritischen Journalisten

Der türkische Journalist Erol Önderoglu steht kommende Woche wegen «terroristischer Propaganda» vor Gericht. In Bern sprach er über die Zensur in seinem Land, das Leben im Ausnahmezustand und kritisierte das Verhalten des Westens.

Der Türkische Aussenminister Mevlüt Çavuşoğlu wurde am Donnerstag in Bern von Aussenminister Didier Burkhalter empfangen. Bei einer anschliessenden Medienkonferenz wies er Kritik am Vorgehen seiner Regierung seit dem gescheiterten Putschversuch entschieden zurück. – Ein ganz anderes, düsteres Bild der Entwicklungen in seiner Heimat zeichnete gleichzeitig und ebenfalls in Bern der Journalist Mevlüt Çavuşoğlu.

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Önderoglu ist in der Türkei wegen Terrorpropaganda angeklagt, am kommenden Dienstag muss er sich vor Gericht verantworten.

Sein Vergehen: Er hat sich für eine regierungskritische Zeitung stark gemacht. «Man bezichtigt die Zeitung, sie mache Progapanda für die Islamisten und die PKK», erklärt Önderoglu. «Dabei macht sie nichts anderes, als fragwürdige Praktiken der Regierung aufzudecken.»

Ich wünschte mir von Europa etwas mehr Standhaftigkeit.
Autor: Erol Önderoglu

Verteidiger der Menschenrechte und kritische Medien seien in der Türkei von der öffentlichen Wahrnehmung ausgeschlossen, sagt Önderoglu. Die Regierung diskreditiere diese Kreise jeden Tag. Laut einer kürzlichen Zusammenstellung von Reporter ohne Grenzen sind derzeit in der Türkei mindestens 130 Journalisten im Gefängnis und mindestens 140 Medien wurden verboten. Allein diese Woche wurde der Chefredaktor der Oppositionspartei «Cumhuriyet» verhaftet , zusammen mit 12 weiteren Journalisten.

Zwei Demonstrantinnen halten Plakate hoch, darauf die drei verhafteten Journalisten.
Legende: Immer wieder werden in der Türkei Journalisten von oppositionellen Medien verhaftet (Bild: 24. Juni 2016). Keystone

«Die fragwürdigen Praktiken der Regierung kritisieren, von korrupten Politikern sprechen, von unerlaubter Einmischung im Syrienkonflikt – alle diese Enthüllungen sind in den grossen türkischen Medien Tabu», so Önderoglu. Die Lage in der Türkei sei furchtbar, sagt der Journalist.

Ausnahmezustand und Antiterror-Gesetze

Seit dem Putschversuch in diesem Sommer herrscht im Land der Ausnahmezustand, die Staatsanwaltschaft stützt sich auf umstrittene Antiterror-Gesetze. Auch Önderoglu wurde das zum Verhängnis, als sich der türkisch-französische Doppelbürger an einer Solidaritätskampagne mit der pro-kurdischen Tageszeitung «Özgür Gündem» beteiligte.

Er kam zehn Tage später dank ausländischem Drucks frei. Am kommenden Dienstag beginnt in Istanbul der Prozess gegen ihn. Önderoglu drohen bei einem Schuldspruch bis zu 15 Jahre Gefängnis. Sein Land verlassen will er trotzdem nicht.

Önderoglu ist enttäuscht von Europa und der Schweiz: «Ich wünschte mir von Europa etwas mehr Standhaftigkeit, wenn es darum geht, universelle Werte wie Demokratie zu verteidigen.»

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