SRF News: Es scheint, dass der gordische Knoten bei den Verhandlungen gelöst werden kann? Was sind die härtesten Knacknüsse?
Adrian Arnold: Jetzt ist es tatsächlich nur noch die Flüchtlingspolitik, und hier konkret die Flüchtlings-Obergrenze, und der Familiennachzug. Die Grünen haben bei der Obergrenze von 200'000 Flüchtlingen als «atmender Rahmen» offenbar eingelenkt. Die Zahl war der Orientierungspunkt. Im Gegenzug ging die CSU wohlauf einen Kompromiss ein: Der Familiennachzug für Flüchtlinge, die nicht den vollen Schutzstatus haben, soll nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.
Es ging also um Flüchtlinge, die nicht als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention gelten. Der Hauptstreitpunkt ist somit das Thema, welches Deutschland politisch zwei Jahre lang beschäftigt hatte.
In Teilnehmerkreisen heisst es, dass wenn man sich bei der Migration einigt, dann werde man sich auch beim Klimaschutz und der Energie einig. Einverstanden?
In Sachen Klimaschutz und Energiepolitik hat man sich schon geeinigt, sagen Teilnehmer. Die Grünen mussten auch hier Zugeständnisse machen. So sind sie vom schnellen Kohleausstieg weggekommen und auch das Thema «Schluss vom Verbrennungsmotor» hat man ausgeklammert.
Offenbar ist die CSU der Bremsklotz bei den Sondierungen. Warum?
Die CSU steht hier tatsächlich auf der Bremse. Es geht vor allem um Macht in Bayern. 2018 sind dort Landtagswahlen und die CSU spürt die AfD im Nacken. Die Christlich-Sozialen müssen somit jetzt Ergebnisse liefern. Gleichzeitig geht es auch um einen internen Machtkampf zwischen CSU-Chef Horst Seehofer und CSU-Landes-Finanzminister Markus Söder. Wenn Seehofer nicht mit einem Resultat zurückkommt, dann ist seine Zeit abgelaufen. Diese beiden Punkte machen es schwierig, Verhandlungen mit der CSU zu führen.
Wird die Regierung noch vor Weihnachten gebildet?
Wenn sie sich heute einigen, was ich für möglich halte, dann ist das realistisch. Deutschland kann es sich nicht leisten länger handlungsunfähig zu sein – Innen- wie auch aussenpolitisch nicht.
Das Gespräch führte Martin Horazdovsky.