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Jerusalem-Frage Trumps Entscheid bringt die muslimische Welt in Aufruhr

Brennende US-Flaggen, Wut, Ohnmacht: Trumps provokativer Alleingang bewegt Muslime weltweit. Doch die Reaktionen zeigen auch, wie gespalten sie sind.

Das Wichtigste in Kürze

  • Jerusalem als die Hauptstadt von Israel. Der provokative Entscheid von US-Präsident Trump hat weltweit Empörung ausgelöst.
  • Regierungen rund um den Globus bekräftigten, dass über den Status der umstrittenen Stadt nicht einseitig, sondern nur durch Verhandlungen entschieden werden könne.
  • In der muslimischen Welt ist die Wut über Trumps Tabubruch greifbar. Sie zeigte sich heute in Protesten, die weit über die Palästinensergebiete hinausgehen.

Von Kuala Lumpur bis Kairo, überall war das Thema von Demonstrationen und wütenden Freitagspredigten in den Moscheen Jerusalem, al-Quds, die Heilige Stadt. «Al Quds lana» («Jerusalem ist unser»), stand auf Transparenten in Bagdad, und in Teheran wurden amerikanische Flaggen verbrannt. Die Solidarität mit den Palästinensern hat ihre Grenzen. Aber das Gefühl der Demütigung ist real und verbreitet.

Rakete trifft Israel

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Eine Rakete aus dem Gazastreifen ist in der Stadt Sderot im Süden Israels eingeschlagen. Nach einem Bericht der Zeitung «Haaretz» seien Autos beschädigt worden. Verletzte habe es keine gegeben. Israel hatte zuvor einen Stützpunkt und ein Waffenlager der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen angegriffen. Dabei wurden zehn Personen verletzt.

In Beirut spricht der Imam von der Arroganz, mit welcher der Westen immer wieder aufs Neue arabische und muslimische Interessen übergehe. Im südlibanesischen Sidon paradierten palästinensischen Gruppen gemeinsam mit Fahnen und mit Panzerfäusten – in seltener Einigkeit.

Wer je in einem palästinensischen Flüchtlingslager war, kennt die Wandbilder mit der goldenen Kuppel des Felsendoms. Sie sind allgegenwärtig, Jerusalem ist der kleinste gemeinsame Nenner des zersplitterten palästinensischen Widerstands, zu dem sich alle Gruppen bekennen. Jerusalem ist ihr Ort der Sehnsucht.

Die «Jungs» gegen die israelischen Besatzer

Im besetzten Palästinensergebiet selbst hat sich die Wut in wüsten Strassenschlachten entladen. Nach dem Freitagsgebet versammelten sich vermummte Jugendliche mit Steinschleudern an den Brennpunkten, meist sind es Checkpoints in der Nähe von israelischen Siedlungen.

Die israelische Armee hat Hundertschaften zur Verstärkung in den annektierten Osten Jerusalems und in die besetzte Westbank geschickt. Ebenso zum Grenzzaun um den abgeriegelten Gazastreifen.

Sie antwortete mit Tränengas und Gummischrot, da und dort aber offenbar auch mit scharfer Munition.

Die Nachrichtenkanäle berichten live, tragen Bilder in die arabische Welt, die einen ungleichen Kampf suggerieren, zwischen den «Shabab», den «Jungs», und einer schwer bewaffneten Besatzungsarmee.

Das Ringen um Jerusalem

Bei Bethlehem, Ramallah, Nablus und Hebron brennen Autoreifen und liegen dichte Wolken von Tränengas in der Luft. Am Damaskus-Tor in der Altstadt von Jerusalem lösen die israelischen Polizeikräfte immer wieder Ansätze zum Protest auf.

Das Tor liegt im arabischen Teil der Stadt. Israel hat diesen Osten Jerusalems im Sechstagekrieg erobert und seither annektiert und mit jüdischen Wohnsiedlungen ausgebaut. Jerusalem ist unteilbar und als Ganzes israelische Hauptstadt, so der israelische Anspruch, der von der Staatengemeinschaft allerdings nie anerkannt wurde.

Die Palästinenser wollen im Osten Jerusalems ihrerseits die Hauptstadt eines palästinensischen Staates ausrufen. Verhandlungen werden von Hardlinern auf beiden Seiten seit Jahren blockiert.

Geeint nur in der Wut

«Die Ausschreitungen zeigen, wie falsch der einsame Entschluss des amerikanischen Präsidenten ist. Er wird die Konfrontation nur noch befeuern», sagt der jordanische Politiker Samih al-Maita auf dem saudischen Nachrichtenkanal. Der grosse ideologische Graben, der die muslimische Welt teilt, wird an diesem «Tag des Zorns» in den Medien dennoch nicht aufgehoben.

Auch die Kanäle der iranisch dominierten Achse berichten live. Sie versteht sich als der eigentliche «Widerstand» und vermittelt die Überzeugung, Recht zu haben gegenüber dem saudischen Lager, das vor US-Präsident Trump und dem Westen in die Knie gehe.

Das saudische Königshaus suche den Schulterschluss mit Israel, weil es glaube, damit Iran besser schwächen zu können, so der Vorwurf. Die Palästinenser bezahlten den Preis. Unbestritten ist: die Sache der Palästinenser ist Teil des regionalen strategischen Pokers.

Aber der Kurswechsel in Washington war derart, dass auch der saudische König sich veranlasst sah, vor seinem Volk von einer Provokation für Muslime zu reden. Am Wochenende will sich die Arabische Liga zur Krisensitzung treffen. In der Rhetorik wird sie Einigkeit demonstrieren. Die Gräben werden bleiben.

Im Gazastreifen rief die islamistische Hamas-Bewegung zu einer neuen, dritten «Intifada» auf, einem Volksaufstand gegen die israelische Besatzung. Sie hat nicht nur Steine, sondern auch Raketen. Politisch waren die Islamisten zuletzt geschwächt. Trump hat ihnen womöglich gerade neuen Auftrieb gegeben.

Kämpfen für Al-Quds

Viele glauben, dass Trumps Jerusalem-Entscheid die radikalen Kräfte stärkt. Andererseits sitzt die Resignation in der palästinensischen Bevölkerung tief, und die Effizienz ist gross, mit welcher der israelische Sicherheitsapparat die besetzten Gebiete unter Kontrolle hält.

Genau vor dreissig Jahren begann der erste palästinensische Aufstand. Die Zahl der israelischen Siedlungen im besetzten Gebiet hat sich seither vervielfacht. Die Aktivisten wollen dennoch weiterkämpfen, nach Trumps Entscheid nur umso entschlossener.

«Jerusalem ist in unseren Herzen, auf ewig», sagt einer der vermummten Jugendlichen. Und wirft den nächsten Stein, für Al-Quds, die Heilige Stadt.

«Nicht hilfreich»

Nach ihrer umstrittenen Jerusalem-Entscheidung haben die USA bei einer Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats massive Kritik aller 14 anderen Mitglieder des Rates einstecken müssen. Die Entscheidung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, stelle einen «gefährlichen Präzedenzfall» dar, sagte Ägyptens UNO-Botschafter Amr Abdellatif Aboulatta. Die Botschafter von Grossbritannien, Italien, Schweden, Italien und Deutschlands teilten nach der Sitzung in einer gemeinsamen Erklärung mit, die Entscheidung sei «nicht in Übereinstimmung mit UNO-Resolutionen» und «nicht hilfreich in Hinsicht der Aussichten auf Frieden in der Region».

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