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International Kein Monsun: 300 Millionen Inder leiden unter der Dürre

Der Monsun verspätet sich dieses Jahr. Die Regierung in Delhi schätzt deshalb, dass mehr als 300 Millionen Menschen von der Dürre betroffen sind. Besonders stark ist die Trockenheit im Gliedstaat Maharashtra. Dort haben sich bei grossen Städten Flüchtlingscamps gebildet. Eine Reportage aus Mumbai.

Ein Zeltlager am Rande von Mumbai. Wobei Zeltlager zu viel gesagt ist. Stecken sind in die Erde gestossen. Sie markieren die Grundstücke. An Ästen sind Kleider und Bündel aufgehängt. Sie dienen als Wände. Wo keine Kleider hängen, dort läuft man quer durchs Wohnzimmer. Planen für Dächer haben die Bauern keine dabei.

Hier rechnet niemand mit Regen. Die Familien kommen aus dem Umfeld von Mumbai. Von 300 bis 400 Kilometer Entfernung sind sie angereist. Aus einem einzigen Grund: Pani. Das ist das indische Wort für Wasser und ist in aller Munde. Um einen gestifteten Wassertank kauern Frauen und Kinder mit leeren Pet-Flaschen, Farbtöpfen, Benzinkanistern und warten bis sie an der Reihe sind.

Tiere verkauft, um auf dem Bau zu arbeiten

Wegen der Trockenheit können sie ihre Felder nicht mehr bewirtschaften, haben kein Einkommen mehr. Also suchen viele Arbeit in Mumbai – auf dem Bau. Etwa 600 Personen hausen in diesem Camp. Abends um 18 Uhr sind viele noch nicht von der Stadt zurückgekehrt. In den Parzellen, in denen gerade niemand hockt, wühlen Schweine oder Ziegen nach Essbarem. Einige Bauern haben ihre Tiere mitgenommen, andere mussten sie verkaufen.

Ein Bauer hat 13 seiner 15 Kühe verkauft, weil er sie nicht mehr ernähren konnte. Zu einem Zehntel des Preises, weil im Moment fast alle ihre Tiere abbringen müssen. Bis Juni oder Juli will er hier bleiben. Bis der Regen kommt, wenn er denn kommt.

In Patodu, einem 500-Einwohner-Dorf im Beed Distrikt, etwa 400 Kilometer von Mumbai entfernt, haben die Einwohner die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben. Früh am Morgen schaufeln sie mit Hacken und farbigen Plastiktellern einen Wasserkanal frei. Trotz der frühen Stunde ist die Hitze erdrückend.

Politik stopp Anbau von Zuckerrohr nicht

Die ockerfarbene Erde zerbröckelt in ihren Händen. Wenn der Monsun kommt, soll das Wasser hier aufgefangen werden. Doch in den letzten Jahren kam der Monsun nicht, sagt die Dorflehrerin, die ebenfalls mit anpackt. Im letzten Monsun fiel hier während 45 Tagen kein einziger Tropfen Regen, was den jährlichen Niederschlag um über die Hälfte reduzierte. Die Bauern sind auf den Monsun angewiesen, da der Grundwasserspiegel in den letzten Jahrzehnten von 100 auf 400 Meter sank.

Audio
Indien: Banges Warten auf Regen
aus Echo der Zeit vom 20.05.2016. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 10 Sekunden.

Doch das Hauptproblem sei nicht der mangelnde Regen, sagt Surendra Sirvastava von der lokalen NGO Loksatta. Das Problem sei hausgemacht: In Maharashtra gibt es keine Wasserpolitik. Deswegen bauen die meisten Bauern Zuckerrohr an, das bringt gutes Geld für wenig Aufwand – braucht aber Unmengen an Wasser.

Im Gliedstaat Maharashtra werden 70 Prozent des Wassers für Zuckerrohrplantagen gebraucht. Diese decken aber nur 4 Prozent der Äcker ab. Der Anbau von Sojabohnen, Baumwolle oder Gemüse muss sich die restlichen 30 Prozent Wasser aufteilen. Um das Problem langfristig zu lösen, sollten die Bauern umsatteln – auf einen anderen, weniger wasserintensiven Anbau, meint Surendra Sirvastava. Doch dafür bräuchte es Hilfe von der Regierung von Maharashtra.

Menschen leben in Unterständen für Tiere

Diese beschränkt sich auf Sofortmassnahmen. So wurde ein Versammlungsverbot an Trinkstellen erlassen, um Aufstände zu vermeiden, oder ein Güterzug mit Wasser medienwirksam in die Dürreregion geschickt.

In Ambajogai stellt die Regierung Futter, Wasser und Unterstände für etwa 2000 Büffel, Rinder und Ziegen zur Verfügung. Sie kauen unter den grünen Stoffnetzen getrocknetes Zuckerrohr und ertragen unbeeindruckt die brütende Mittagssonne. Doch die Unterstände, die für die Tiere gedacht sind, sind mit einem neuen Problem konfrontiert. Die Eigentümer der Tiere, die Bauern, sind miteingezogen.

«Ich kann meine Tiere doch nicht alleine lassen», sagt einer der Bauern. «Hier ist wenigstens für sie gesorgt.» Seine und andere Familien haben es sich im Stroh eingerichtet, eine Feuerstelle gemacht, ein Tuch gegen den heissen Wind, der einem Staub ins Gesicht bläst, aufgespannt. Wie ihre Tiere harren sie aus, bis der Regen kommt.

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