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Klimadebatte in Deutschland Deutschland beschliesst Milliarden-Paket für Klimaschutz

  • Die Regierungsparteien SPD und CDU/CSU haben sich auf ein Massnahmenpaket zum Klimaschutz geeinigt.
  • Kernstück ist eine Abgabe für das Treibhausgas Kohlendioxid CO2, die beim Tanken und Heizen mit fossilen Brennstoffen spürbar sein wird.
  • Es soll zunächst ein Festpreis auf den CO2-Ausstoss pro Tonne gelten, der 2021 mit zehn Euro pro Tonne CO2 beginnt und bis 2025 auf 35 Euro steigt. Benzin oder Diesel werden so an der Tankstelle inklusive Mehrwertsteuer um bis zu zwölf Cent teurer.

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD verständigten sich am Freitag nach einem 19-stündigen Verhandlungsmarathon auch darauf, Benzin, Diesel, Erdgas, Heizöl und Kohle durch einen Preis für den Ausstoss von Kohlendioxid teurer zu machen.

Gleichzeitig soll es Entlastungen beim Strompreis und für Pendler geben. «Politik ist das, was möglich ist», sagte Kanzlerin Angela Merkel. Das unterscheide sie von Wissenschaftlern und «ungeduldigen jungen Menschen». Vizekanzler Olaf Scholz räumte ein: «Fridays for Future hat uns alle aufgerüttelt. Mit dem Klimaschutzpaket machen wir jetzt ernst.» Scholz bezifferte das Volumen des Klimapakets auf 54 Milliarden Euro bis 2023. Merkel betonte, dass das Paket dennoch haushaltsneutral sei: «Wir stehen zur schwarzen Null.»

Signalwirkung für die Schweiz?

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Kommende Woche diskutiert der Ständerat über das CO2-Gesetz – und dabei ebenfalls über ein Verbot von Ölheizungen oder über die Frage, wie die Verkehrsemissionen reduziert werden sollen. «Die Parlamentarier werden sich bestimmt auch auf die deutschen Vorschläge beziehen», glaubt SRF-Klimaexperte Klaus Ammann. Und: Ganz praktisch werde es für die Schweiz spürbar, wenn das Autoland Deutschland die Elektromobilität fördere. «Was Deutschland macht, färbt also auch auf die Schweiz ab.»

Allerdings geht das deutsche Massnahmenpaket im internationalen Vergleich nicht besonders weit. Für den Klimaexperten ist es von einem Geist des Kompromisses getragen: «Für jede strenge Massnahme gibt es eine Entlastung.» Die Regierung berührt jedoch auch ein heisses Eisen. «Sie bepreist insbesondere den Verkehr – vor ein paar Jahren hätte man das in Deutschland für undenkbar gehalten.» Andererseits seien etwa die Benzinpreiserhöhungen von anfänglich etwa drei Cent nicht wahnsinnig ambitioniert.

Die Regierung wolle aber genau hinschauen und wenn nötig nachbessern: «Man hat gemerkt: Deutschland, das als Vorreiter der Energiewende gelten will, ist es peinlich, dass es die aktuellen Klimaziele verfehlt.»

Der Durchbruch gelang erst am Freitagmittag, nachdem die Partei- und Fraktionsvorsitzenden seit Donnerstagabend mit Merkel und Scholz im Kanzleramt getagt hatten. «Es hat manchmal auch Freude gemacht, um den richtigen Weg zu ringen», sagte Merkel.

Zustimmung in der CDU und CSU

In der Politik erntet der Aktionsplan mehrheitlich Zustimmung. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder twittert, dass die Klimaziele nun eingehalten werden können. «Wir nehmen die Menschen mit durch Anreize statt Verbote!», so der CSU-Chef.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zeigt sich zufrieden: «Die Ergebnisse können sich aus meiner Sicht sehen lassen», sagt sie bei der Pressekonferenz.

Die Grünen Co-Chefin Annalena Baerbock tat auf Twitter jedoch ihre Enttäuschung kund. Die nun vorliegende Lösung sei «langsam, lasch, unverbindlich.»

Kritik der Umweltorganisationen

Auch die Reaktion der Umweltverbände ist negativ: Greenpeace Deutschland bezeichnet der Aktionsplan als mutlos. «Ein lächerlich niedriger CO2-Preis, der Benzin und Diesel nur wenige Cent verteuert und zudem von einer höheren Pendlerpauschale wieder aufgehoben wird, suggeriert Klimaschutz, bleibt aber weitere zehn Jahre vollkommen wirkungslos.»

Die für den weltweiten Klimaschutz kämpfende Bewegung «Fridays For Future» lehnte das Klimapaket ebenfalls als ungenügend ab: «Wenn man jahrelang nichts für den #Klimaschutz tut & dann nach massivem monatelangem Druck aus der Bevölkerung Massnahmen diskutiert, die mit 1.5° rein gar nichts zu tun haben, ist das kein ‹Durchbruch›, sondern ein Eklat», twittert die deutsche Sektion der Bewegung.

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