Zum Inhalt springen

Konflikt im Nahen Osten Schweizer Engagement im Friedensprozess lässt nach

  • Die Temporary International Presence Hebron (TIPH) protokollierte die Menschenrechtssituation in Hebron, bis letzte Woche.
  • Diese Institution wurde auch von der Schweiz unterstützt.
  • Nun wurde ihr Mandat von der israelischen Regierung beendet.

Hebron ist die grösste Stadt im von Israel besetzten Westjordanland. Rund 200’000 Palästinenser leben dort und kaum 1000 jüdische Siedler.

Mehr als 20 Jahre lang protokollierte die TIPH die Menschenrechtslage in Hebron. Letzte Woche beendete die israelische Regierung das Mandat. Im TIPH engagierte sich die Schweiz von Anfang an mit Geld und Personal.

Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen

Saida Keller-Messahli hat die Schweiz 1997 in der TIPH vertreten. Für die Verfechterin eines fortschrittlichen Islam erfüllte die Gruppe in Hebron eine einzigartige Funktion: «Ausser dieser Mission gibt es keine so anerkannte Gruppe, die in Hebron Menschenrechtsverletzungen dokumentiert.» Allerdings gab die Gruppe die Dokumente nur den Direktbeteiligten, die die Berichte praktisch immer in irgendwelchen Schubladen entsorgten.

Als die israelische Zeitung «Haaretz» letzten Dezember dennoch einen vertraulichen Bericht veröffentlichte, beschloss die israelische Regierung prompt, das Mandat der TIPH nicht mehr zu verlängern. Protokolliert waren im Bericht über 40’000 Vorfälle und Menschenrechtsverletzungen über einen Zeitraum von 20 Jahren. Meist waren israelische Siedler oder Soldaten dafür verantwortlich.

Nur noch ein paar Offiziere

Völlig einseitig seien diese Berichte, fand die Regierung Netanyahu. Das findet auch der Berner SVP-Nationalrat Erich von Siebenthal, Präsident der parlamentarischen Gruppe Schweiz-Israel. «Man muss wissen, dass auch die Schweiz nicht Israel-freundliche Sachen gemacht hat.» Zum Beispiel habe ein Schweizer Beobachter ein jüdisches Siedlerkind geohrfeigt.

Die Schweiz war in der Hebron-Gruppe mit drei bis fünf Mitgliedern vertreten und zahlte rund eine Million Franken pro Jahr an die Organisation. Eine Gruppe Schweizer Offiziere, die auf den Golanhöhen den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien überwachen und ein Menschenrechtsexperte beim UNO-Entwicklungsprogramm in Syrien sind nun die letzten von der Schweiz bezahlten Leute im Nahost-Friedensprozess. Verglichen mit dem früheren Engagement ist das bescheiden.

Das sieht auch Laurent Goetschel so, der Direktor der Schweizer Friedensstiftung Swisspeace. Er macht dafür die veränderte politische Grosswetterlage verantwortlich. Die Fronten seien verhärtet. «Man sieht es an Gesetzgebungsprozessen in Israel, aber auch an Aktivitäten von Supportern hierzulande, dass man nicht mehr bereit ist, sich mit Andersdenkenden auseinander zu setzen.»

Hilfswerk ist umstritten

Bei Schweizer Unterstützern der gegenwärtigen israelischen Regierung ist das UNO-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNWRA) besonders umstritten. Es wird vom Schweizer Pierre Krähenbühl geleitet und erhält vom Bund jedes Jahr über 20 Millionen Franken. Dieses Geld würde man besser in die Zukunft der Palästinenser investieren, statt sie in Flüchtlingslagern über Wasser zu halten, findet Nationalrat von Siebenthal. Dieser Meinung schien sich letztes Jahr auch Aussenminister Ignazio Cassis anzuschliessen.

Es sei legitim, Gewohnheiten zu überdenken, sagt Goetschel dazu. Aber: «Das Ziel sollte sein, einen positiven Beitrag durch Lösungen der Spannungen zu einem konstruktiven Zusammenleben zu generieren.»

Meistgelesene Artikel