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Krise in Venezuela «Maduro klammert sich an die Macht»

Die Lage nach dem von Gewalt geprägten Urnengang für eine verfassungsgebende Versammlung bleibt unberechenbar. Die Zeichen stünden auf Diktatur, sagte die Journalistin Hanna Silbermayr in der Hauptstadt Caracas.

SRF News: 41,5 Prozent der Wahlberechtigten sind laut Staatschef Nicolas Maduro am Sonntag an die Urne gegangen, von 12 Prozent spricht die Opposition. Was ist Ihr Eindruck?

Hanna Silbermayr: Die Presse war gestern von der Wahlbeobachtung ausgeschlossen und musste 500 Meter Abstand von den Wahllokalen halten. Es ist schwierig zu sagen, wie es wirklich war. So gibt es Bilder mit langen Schlangen vor Wahllokalen, aber auch solche von leeren Wahlzentren. Wie gross die Beteiligung tatsächlich war, wage ich nicht abzuschätzen.

Mindestens zehn Menschen kamen gestern rund um die Wahl ums Leben. Wie ist die Lage in Caracas am Tag nach Urnengang?

Der Tag hat relativ normal begonnen. Es sind wenig Menschen auf den Strassen unterwegs. Wie sich die Lage entwickeln wird, ist nicht absehbar, denn die Opposition hat erneut Proteste angesagt.

Maduro forderte die verfassungsgebende Versammlung auf, die Immunität der oppositionellen Parlamentarier aufzuheben, um sie vor Gericht zu stellen. Was würde das bedeuten?

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Venezuela: Was führt Maduro im Schilde?
aus Echo der Zeit vom 31.07.2017. Bild: Keystone
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 4 Sekunden.

Maduro erklärte bereits im Vorfeld, dass die verfassungsgebende Versammlung angemessene Strafen für die Gewaltanstifter finden werde. Dem Vizepräsidenten des Parlaments drohte er offen mit Gefängnis. Man kann auf alle Fälle davon ausgehen, dass es weitere politische Gefangene geben wird.

Getrauen sich die Oppositionellen überhaupt noch auf die Strasse?

Ich habe die Opposition mit ihren politischen Führern grundsätzlich sehr unerschrocken erlebt. Das Fussvolk ist da etwas vorsichtiger. Diese Menschen wollen nicht fotografiert werden und machen deutlich, dass sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen wollen – aus Angst vor politischer Repression.

Die Regierung droht mit der Auflösung des Parlaments und der Absetzung der Generalstaatsanwältin. Was unterscheidet Venezuela dann noch vor einer Diktatur?

Venezuela ist immer deutlicher auf dem Weg zu einer Diktatur. Das zeigen vor allem die Ereignisse der letzten Wochen und Monate. Ich würde nicht ausschliessen, das Maduro die Macht weiter ausbaut bis hin zur Diktatur.

Hat Maduro ausser dem Machterhalt einen anderen Plan für Venezuela.

Maduro sagt, er wolle in der neuen Verfassung auch die Basisorganisationen und Sozialprogramme verankern. Es kann nur spekuliert werden, ob sich das in der Realität niederschlagen wird. Man weiss sehr wenig über die neue Ausgestaltung der Verfassung. Vor dem Hintergrund Ereignisse halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass es Maduro um Machterhalt geht und nicht um viel mehr.

Venezuela ist in eine langen und tiefen Krise, wie Nahrungsmittelknappheit und hohe Kriminalität zeigen. Wer unterstützt die Regierung noch?

Es sind vor allem Menschen, die in irgendeiner Weise von der Regierung profitieren. So gibt es einerseits Wähler in den ärmeren Gesellschaftsschichten, die häufig in regierungsnahen Verbänden organisiert sind und damit etwa einen direkteren Zugang zu subventionierten Lebensmitteln haben. Anderseits ist das Militär ein wichtiger Faktor, das die Kontrolle über wichtige Posten im Land hat und die Macht nicht so einfach abgeben will. Dadurch können sie sich auch bereichern und sitzen an der Quelle zu bestimmten Lebensmitteln.

Der Alltag in Venezuela ist schwierig. Wünschen sich nicht viele Menschen einfach wieder Ordnung, egal welche?

In Gesprächen merkt man, dass die Menschen die Krise gewaltig satt haben. Sie wünschen sich nur ein normales Leben ohne Schlangestehen und ohne die dauernde Suche nach erschwinglichem Essen zurück. Die Menschen wünschen sich also einen Frieden, aber durchaus einen nachhaltigen Frieden.

Das Gespräch führte Roman Fillinger.

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