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Mit der Lega an die Macht Matteo Salvini, der derzeit stärkste Mann Italiens

Er ist bekannt für seine markigen, anti-europäischen Aussagen. Doch wofür steht der Parteichef der Lega wirklich? Ein Porträt.

Brescia, Verona, Vicenza: Städte Norditaliens, die man bisher mit der Lega in Verbindung brachte. Das hat Matteo Salvini gründlich umgekehrt. Heute spricht der Lega-Chef von ganz anderen Orten: Catania, Ragusa, Messina, Puglia, Lazio, Emilia-Romagna – Städte und Regionen, die vor allem im Süden und in der Mitte des Stiefels liegen, dort, wo die Lega Fuss fassen will.

Salvini hat die Lega, diese konservative Partei Norditaliens, Padaniens, zu einer nationalen Kraft umgebaut. Wobei national auch politisch zu verstehen ist: Salvini steht weit rechts. Er selber aber sagt, das sei lediglich eine Definition der Journalisten: Die Lega sei rechts, noch weiter rechts, ganz rechts. Das werfe man ihm vor, sagte Salvini 2015 an einer Kundgebung.

Zu der Veranstaltung war auch Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National zugeschaltet. Aber auch italienische Neofaschisten waren damals mit auf der Piazza. Trotz dieser offensichtlichen politischen Verortung weit rechts definiert sich Salvini anders, nennt anderer Kriterien: Er unterscheide zwischen jenen, die etwas produzierten und jenen, die sich durchfüttern liessen.

Zwischen Leuten, die arbeiten, und «Parasiten», wie er sagt. Der 45-jährige Mailänder studierte Geschichte, ohne je abzuschliessen. Er war Journalist und wurde schliesslich Berufspolitiker. Seit 2013 führt er die Lega, die damals noch Lega Nord hiess, an. Diese Partei steckte damals tief in der Krise, geschüttelt von einem Korruptionsskandal, der Parteigründer Umberto Bossi, dessen Familie und Entourage, zu Fall brachte. Salvini, dessen selbstgewähltes Symbol «la ruspa» (der Schaufelbagger) ist, räumte diese Trümmer schnell beiseite.

Recht und Ordnung als oberstes Gebot

Ihm war bisher nie vorzuwerfen, ungehörig viele Spesen verrechnet oder gar – wie Bossi – die Parteikasse geplündert zu haben. Salvini setzt auf Recht und Ordnung. Wer dagegen verstosse, müsse hart bestraft werden. Er will mehr Gefängnisse, kürzere Prozesse, keine Hafterleichterungen.

Und wer in seiner Wohnung von Dieben überrascht werde, der solle das Recht haben, zu schiessen: «Wer aufrecht in mein Haus einbricht, muss darauf gefasst sein, waagrecht wieder rauszukommen», sagte Salvini. Selbstjustiz nennen das seine Gegner. Er aber spricht von legitimer Selbstverteidigung.

Salvini pfeift auf die Regeln der EU

Während Luigi Di Maio, der Chef der 5-Sterne-Bewegung, seine Meinung häufig wechselt, an einem Tag Staatspräsident Sergio Mattarella abberufen möchte und am nächsten Tag schon wieder zurückrudert, ist Salvini – zwar nicht immer, aber oft – konstanter, beharrlicher.

Vor drei Jahren, auf der Römer Piazza del Popolo, sagte Salvini etwas, was er heute genauso wiederholen würde: Er nahm den sogenannten «Spread» auf die Schippe, also jenen Risikoaufschlag auf italienische Staatsanleihen, der nun seit Tagen steigt und dem ganzen Land Angst einjagt. Weder dieser Spread, noch Banken, Ratingagenturen oder Technokraten aus Brüssel dürften Italien etwas vorschreiben: «Was kümmern uns Spread und die Regeln der EU!»

«Italien ist das schönste Land der Welt»

Eine Geringschätzung der EU, wenn nicht gar eine gänzliche Absage. Derart klar und ungeschminkt äussert sich Salvini derzeit nicht mehr. Heute sagt er, man müsse die Regeln der Union grundsätzlich ändern. Doch was geschieht, wenn Salvini und seine Lega damit scheitern? Was passiert, wenn Brüssel Salvini abblitzen lässt? Würde Italien dann die Euro-Zone verlassen?

Dieser Frage weicht er derzeit aus und sagt lieber anderes, weniger Verfängliches, zum Beispiel: «Italien ist das schönste Land der Welt.» Dieses schöne Land dürfe nie ein Sklave sein, sagte er gestern. Doch: Was genau heisst das? Man weiss es nicht.

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