- Egal welche Partei die heutige Parlamentswahl im Irak gewinnt – auf die Sieger warten riesige wirtschaftliche Baustellen.
- Wäre die Wirtschaft dieses Landes eine kranke Person, sie läge auf der Intensivstation.
- Es gäbe pragmatische Politiker, die die Probleme lösen könnten, meint ein Wirtschaftsexperte. Sie müssten aber an die Schalthebel der Macht gewählt werden.
Könnte man Herz und Lungen eines Landes mit einem Stethoskop abhören, würde es im Fall des Patienten Irak gar nicht gut tönen. Entsprechend schlecht ist denn auch die Diagnose, die der Ökonom Amaral Asas dem Land ausstellt.
Chronisches Leiden
Der Irak leidet nach fast vierzig Jahren Krieg unter einer chronischen Krankheit. Richtig schlimm wurde dieses Leiden zur Zeit der US-Wirtschaftssanktionen in den 1990er Jahren.
Diese schwächten Herz und Lungen der irakischen Wirtschaft: «Mangel an Ersatzteilen würgten die Industrie ab. Auch die Durchblutung des Gehirns wurde immer schlechter. Es fehlte Geld für Schulen und Universitäten. Die Fachkräfte, die der Staat teuer ausgebildet hatte, wanderten aus», bilanziert Asas.
Aus krank wurde sterbenskrank
Die Wirtschaftssanktionen breiteten sich wie eine Infektion im ganzen Körper aus. Die Gesellschaft zerfiel, erklärt Asas: «Weil die Leute Hunger hatten, schauten sie zuerst für sich und nicht mehr für andere.»
Die US-Invasion 2003 machte aus dem kranken Patienten dann definitiv einen Fall für die Intensivstation. Tausende Regierungsbeamte wurden entlassen, weil sie Mitglieder in Saddam Husseins Baath-Partei waren. Fachwissen in der Regierung ging verloren, die Entlassenen fanden keine Arbeit in der Privatwirtschaft.
Der Teufelskreis
Viele der Betroffenen radikalisierten sich und terrorisierten den Staat. Je mehr Gewalt, desto weniger Investitionen – ein Teufelskreis aus dem der Irak auch nach der Vertreibung des IS nicht so schnell herauskommt, meint der Wirtschaftsprofessor: «Wer will schon in einem Land investieren, das zu den korruptesten der Welt gehört.»
Diagnose also: Unheilbar krank? Nicht ganz unheilbar, meint Amaral Asas. Der Experte sieht trotz allem einen Funken Hoffnung. Der Irak habe dank Öleinnahmen genug Geld, um seine Probleme zu lösen. Pragmatische Politiker müssten ran. Solche gebe es – sie müssten jetzt nur noch gewählt werden.