In Portugal wird am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Schon wieder. Bereits vor einem Jahr waren in Portugal Wahlen. Damals holten die Konservativen von Premierminister Luís Montenegro am meisten Stimmen und lösten in der Folge die sozialistische Partei in der Regierung ab. Auslandredaktor Beat Vogt beantwortet die wichtigsten Fragen zur schnellen Neuwahl.
Warum wird bereits wieder gewählt?
Die Neuwahlen ausgelöst haben Vorwürfe gegen den amtierenden Premierminister Luís Montenegro – wegen fragwürdiger Geschäfte einer Firma im Familienbesitz. Weil sich Luís Montenegro einer Untersuchung widersetzte, verlor er im Parlament eine Vertrauensabstimmung – worauf der portugiesische Präsident Marcelo Rebelo de Sousa Neuwahlen ansetzte.
Was genau wird dem Premier vorgeworfen?
Medien hatten im Februar 2025 aufgedeckt, dass die familieneigene Beratungsfirma Spinumviva mit Sitz in Montenegros Privathaus in Espinho noch regelmässig Honorare kassierte. Unter anderem von einer Casinokette, die unter der Konzession der portugiesischen Regierung Geschäfte macht. Kritiker sehen darin einen Interessenskonflikt. Luís Montenegro hatte die Firma zwar seiner Frau überschrieben. Da er aber mit ihr in Gütergemeinschaft lebt, verdiene er trotzdem an den Geschäften der Firma mit, so der Vorwurf.
Welche Parteien kämpfen um die Macht?
Laut Umfragen haben in Portugal zwei Parteien Chancen auf den Wahlsieg: die konservativ ausgerichtete Sozialdemokratische Partei PSD von Premier Luís Montenegro und die Mitte-links angesiedelte Sozialistische Partei PS mit ihrem Spitzenkandidaten Pedro Nuno Santos. Beide Parteien können mit je rund 30 Prozent der Stimmen rechnen und dürften das Rennen also unter sich ausmachen. Das hat Tradition in Portugal: Die beiden grossen Volksparteien wechseln sich seit Jahren an der Macht ab.
Welche Rolle spielt die radikale Rechte?
Die rechtspopulistische Partei Chega («Es reicht!») ist in Portugal die drittstärkste Partei. Gegründet vor sechs Jahren von ihrem Spitzenkandidaten André Ventura, stellt sich Chega als Alternative zur angeblich korrupten Elite dar und will unter anderem die Immigration einschränken. Eine Beteiligung an der Regierung scheint zurzeit aber sehr unwahrscheinlich. Auch der konservative Luís Montenegro schliesst eine Zusammenarbeit mit Chega explizit aus.
Was, wenn keine Partei die Mehrheit holt?
Es ist eher unwahrscheinlich, dass eine der grossen Volksparteien mit einer absoluten Mehrheit im Parlament regieren kann. Diese Ausgangslage ist aber üblich in Portugal. Bisher war es dann jeweils so, dass die stärkste Partei eine Minderheitsregierung bildet, die auf Duldung von anderen Parteien angewiesen ist. Deshalb funktionieren portugiesische Regierungen über Konsens, das heisst mit Absprachen und Zusammenarbeit mit anderen Parteien. Es wird erwartet, dass dies auch nach diesen Wahlen so laufen wird – mit einer Regierung entweder unter Luís Montenegro (PSD) oder unter Pedro Nuno Santos (PS).