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Religionsfreiheit vs. Tierwohl Nur Spezialbetriebe dürfen schächten

  • Das Schächten von Tieren ist in der EU nur in spezialisierten Schlachthöfen gestattet.
  • Das hat der Europäische Gerichtshof in einem Grundsatzurteil entschieden.
  • Geklagt hatten islamische Verbände aus Belgien, welche sich auf die Religionsfreiheit beriefen.

Jedes Jahr feiern Musliminnen und Muslime während dreier Tage das islamische Opferfest. Viele praktizierende Gläubige sehen es dabei als ihre religiöse Pflicht an, ein Tier zu schlachten oder schlachten zu lassen. Dessen Fleisch verzehren sie anschliessend in der Familie oder auch mit Freunden. In Belgien ist es unter den Muslimen zusätzlich üblich, dass sie das Tier ohne Betäubung ausbluten lassen, dass sie es also schächten.

Ein Schaf wird zu Boden gedrückt, ein Messer an seine Kehle gehalten.
Legende: In muslimischen Ländern werden Tiere getötet, indem ihnen lebend die Kehle durchgeschnitten wird. Imago

Seit 2014 in Belgien eingeschränkt

Früher hatten sie dazu zwei Möglichkeiten. Sie konnten das Tier entweder in den dafür zugelassenen Schlachthöfen schächten lassen, oder in einem extra für das Opferfest aufgebauten temporären Schlachthof. Der zuständige Minister musste deshalb jedes Jahr solche temporären Schlachthöfe zulassen. Doch 2014 kündigte der für das Tierwohl zuständige Minister der flämischen Regierung an, diese Bewilligungen nicht mehr zu erteilen.

Er begründete seinen Entscheid damit, dass diese Schlachtereien gegen EU-Recht verstiessen. Die entsprechende «Verordnung zum Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung» lässt solche Tötungen ohne vorherige Betäubung nämlich nur in Ausnahmefällen zu. Ausserdem müssen sie in einem Schlachthof mit der entsprechenden technischen Ausrüstung durchgeführt werden. Das schliesst temporäre Schlachthöfe aus.

Tiere vor dem Schlachten betäuben

Nun klagten muslimische Vereinigungen in Belgien, dass diese Einschränkung der Religionsfreiheit widerspreche, wie sie in der Charta der Grundrechte der EU festgeschrieben sei. Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) weist dies zurück und verteidigt die im EU-Recht enthaltenen Einschränkungen.

Der Gerichtshof argumentiert dabei in drei Schritten. Er hält erstens fest, dass die EU-Verordnung grundsätzlich definiere, dass Tiere betäubt werden müssen, bevor sie getötet werden. Das rituelle Schächten ist also eigentlich verboten. Das EU-Recht sehe aber zweitens gleichwohl eine Ausnahme vor, damit religiöse Gruppierungen ihre religiösen Riten trotzdem praktizieren könnten.

Bestätigung der bisherigen Regeln

Dabei müssten sie aber drittens die Regeln einhalten, wie sie beim Schlachten von Tieren auch sonst gelten. So dürfen Tiere nur in Schlachthöfen mit den entsprechenden technischen Voraussetzungen getötet werden. Das stelle sicher, dass das Fleisch sauber bleibe und dass die Tiere nicht übermässig litten, so der EuGH.

Das höchste europäische Gericht bestätigt also die bisherige Rechtslage und sagt, diese nehme einen Ausgleich zwischen der Religionsfreiheit, dem Tierschutz zum Zeitpunkt der Tötung und der Lebensmittelsicherheit wahr. Dieser soll nicht über den Haufen geworfen werden, hält der EuGH fest.

Nur betäubte Tiere schächten

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In der Schweiz ist das Schächten – also das Ausbluten lassen von lebenden Tieren – verboten, wenn sie nicht zuvor betäubt wurden. Das Schächtverbot geht auf eine Volksinitiative zurück, die 1893 vom Volk angenommen wurde und von Tierschutzorganisationen eingereicht worden war. 1978 wurde das Verbot ins Tierschutzgesetz aufgenommen.

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