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Russischer Besuch zum Jubiläum Warum Putin so gern in Wien ist

Putin kommt zum sechsten Mal nach Wien. Dass er so gerne nach Österreich reist, hat klare Gründe.

Bereits in den 80er Jahren reiste Wladimir Putin nach Österreich in die Winterferien. Damals war er noch als KGB-Agent in der DDR stationiert. Die österreichische Gastfreundschaft wirkt offensichtlich bis heute. Die guten Beziehungen zwischen Russland und Österreich sind aber viel älter. «Österreich ist einer der ersten Verbündeten Russlands vor 500 Jahren gewesen», sagt Professor Wolfgang Mueller, Historiker an der Uni Wien.

Putins Arbeitsbesuch

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Putins Arbeitsbesuch in Wien gilt dem 50-Jahre-Jubiläum des Gasliefervertrags von 1968. Nach dem Handshake in der Präsidentschaftskanzlei folgt ein Pressegespräch zwischen Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Präsident Putin in der Hofburg. Danach wird im Bundeskanzleramt von Bundeskanzler Kurz und Putin ein Memorandum unterzeichnet. Nach einer kurzen Visite des österreichischen Bundesheers nimmt Putin am österreichisch-russischen Geschäftsrat teil und besucht schliesslich noch das Kunsthistorische Museum.

Das scheint heute anlässlich des Besuchs zum 50-Jahr-Jubiläum des Gasliefervertrags wieder ähnlich zu sein.

Putins Rechtsdrall gefällt

Die neue Regierung von Sebastian Kurz hat eine wahre Charme-Offensive Richtung Moskau gestartet. Nach dem Mordversuch gegen den russischen Spion Sergej Skripal und seine Tochter wiesen zahlreiche europäische Staaten russische Diplomaten aus.

Wladimir Putin an einem Kopfhörer.
Legende: Es dürfte Putin gefallen, was er von Österreichs Konservativen zu hören bekommt. Reuters/archiv

Nicht so Österreich. «Wir haben uns in Österreich in Abstimmung mit der Bundesregierung entschieden, das nicht zu tun», erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz. «Österreich ist ein neutrales Land und sieht sich als Brückenbauer zwischen Ost und West», hiess es in der gemeinsamen Erklärung des konservativen Regierungschefs und seiner Aussenministerin Karin Kneissl von der rechtspopulistischen FPÖ.

Der wohl grösste Russlandfreund in der Regierung ist Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Seine Zuneigung zu Russland ist vergleichsweise jung. Noch 1992 hatte er die Entfernung des Heldendenkmals der roten Armee am Wiener Schwarzenbergplatz gefordert, denn dieses sei «ein Triumphmal eines imperialistischen Eroberers».

Seit Wladimir Putin aber Rechtsparteien in ganz Europa unterstützt, hat er auch Straches FPÖ auf seiner Seite. Und Strache macht sich seither immer wieder für die Abschaffung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland stark und bezeichnete sie als «Schuss in beide Knie der europäischen Wirtschaft». Damit steht er keineswegs alleine.

...und die Sanktionen missfallen

Auch in der Wirtschaft drängen viele auf eine Abschaffung der Sanktionen, die nach der russischen Annexion der Krimhalbinsel ausgesprochen wurden. Allen voran Rainer Seele der Chef des Energiekonzerns OMV, der umsatzstärksten österreichischen Firma. Diese hat seit 1968 mehr als 200 Milliarden Kubikmeter russisches Erdgas nach Österreich transportiert und dort vermarktet.

Rainer Seele, der auch Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer ist, sagte zur Tagesschau: «Über 80 Prozent der deutschen Wirtschaft lehnen die Sanktionen gegen Russland ab. Europa hat einen sehr hohen wirtschaftlichen Preis dafür zu zahlen. Und man muss sich nach einer gewissen Zeit hinterfragen, ob solche Sanktionen langfristig zielführend sind.»

Nicht immer dicke Freunde

Über solche Empathie könnte fast vergessen gehen, dass die beiden Länder keineswegs immer eine friedliche Beziehung führten.

In den beiden Weltkriegen bekämpften sich die beiden mit Hunderttausenden von Opfern. Die Rote Armee befreite 1945 Wien von den Nazis und Aussenminister Wjatscheslaw Molotow unterzeichnete 1955 im Schloss Belvedere den österreichischen Staatsvertrag, der die Republik Österreich in ihrer heutigen Form definierte.

In der Folge fanden immer wieder politische Gipfeltreffen in Wien statt, etwa 1961 mit Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy oder 1979 mit Leonid Breschnew und Jimmy Carter.

In dieser Zeit des Kalten Krieges mischte sich die Sowjetunion oft und ungeniert in die österreichische Politik ein. Österreich kuschte meist. Oder wie es der Russlandexperte Wolfgang Müller formuliert: «Die österreichische Aussenpolitik zeichnet sich dadurch aus, dass man versucht, möglichst wenig Schwierigkeiten mit Russland zu bekommen. Und wenn irgendwo mal Kritik angebracht wird, dann tunlichst äusserst dezent.»

Auch in Zeiten schwerer Verstimmung zwischen Russland und der Europäischen Union hat Wladimir Putin in Österreich also einen treuen Verbündeten in der EU.

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