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Schulden und Sanktionen Venezuela droht nicht nur der Staatsbankrott – auch der Hunger

Worum geht es? Venezuela steht kurz vor dem Staatsbankrott. Heute Montag verhandeln Vertreter des Landes über die Rückzahlung von 60 Milliarden Dollar Auslandschulden. «Bei der Umschuldung geht es darum, dass Venezuela wieder mehr Geld für Lebensmittelimporte zur Verfügung hat», sagt Ulrich Achermann, SRF-Südamerikakorrespondent in Santiago de Chile. Das Land selber produziere überhaupt nichts mehr, alles müsse importiert werden.

Kann Venezuela die Schulden noch bezahlen? Präsident Nicolas Maduro liess letzte Woche verlauten, dass Venezuela zum letzten Mal Zins und Tilgung auf Anleihen bezahlen wolle. Danach sollen neue Finanzierungen und eine Umschuldung verhandelt werden. Kritische Beobachter mutmassen, dass Maduro es nur darauf abgesehen habe, den Boden für einen Zahlungsausfall bereiten zu wollen, um dann den USA dafür die Schuld zu geben.

Bis anhin – wenn Schuldzahlungen anstanden – konnte sich Venezuela darauf verlassen, dass China und Russland als Kreditgeber einsprangen. Doch deren Geduld scheint nicht endlos.

Wer verhandelt für Venezuela? In Venezuela wurde ein Ausschuss als Verhandlungsdelegation gegründet. Finanzminister Simon Zerpa und Vizepräsident Tareck El Aissami, die beide in dieser Delegation sind, stellen aber für die Verhandlungspartner aus den USA ein Problem dar. Beide stehen auf der US-Sanktionsliste. Ihnen wird Korruption und Drogenhandel vorgeworfen. Geldgebern mit Sitz in den USA ist es somit verboten, Vereinbarungen mit den beiden abzuschliessen.

Wieso kann sich Maduro unter diesen Umständen an der Macht halten? «Die Regierung hat Kontrolle über ihre Bürger», sagt Korrespondent Achermann. Sie verteilt Lebensmittel in Paketen. «Wer nicht für die Regierung stimmt, hat einfach Pech gehabt.» Die Bevölkerung sei total abhängig und könne gefügig gemacht werden.

Sanktionen der EU

Auch EU sanktioniert Venezuela
Auch die EU hat Sanktionen gegen Venezuela verhängt. Die Aussenminister der Mitgliedstaaten beschlossen am Montag einstimmig ein Waffenembargo sowie die Vorbereitung von EU-Einreiseverboten und Vermögenssperren.Die Strafmassnahmen sind Antwort darauf, dass die EU dem sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro die Verletzung demokratischer Grundsätze vorwirft.

Wie wirkt sich die generelle Geldknappheit auf die Bürger aus? Tausende von Venezolanern wandern aus, die meisten nach Südamerika. Die Versorgungslage im Land selbst ist dramatisch schlecht. Lebensmittel und Medikamente fehlen, da Maduro in der Vergangenheit mit dem vorhanden Geld Kredite zurückgezahlt und die Bevölkerung nicht genügend versorgt habe, sagt Korrespondent Achermann. Mittlerweile forderten auch Krankheiten, die man schon längst für überwunden gehalten hat, wieder Todesopfer zum Beispiel Diphtherie. «Und heute stand in der Zeitung, dass in einem einzigen Spital bereits 40 Babys an Unterernährung gestorben seien», sagt Achermann.

Die flüssigen Mittel, die Venezuela jetzt noch in der Kasse hat, reichten noch für die Lebensmittelimporte für zwei bis drei Monate, sagt Achermann. «Nachher könnte eine Hungernot ausbrechen.»

Wie sind die wirtschaftlichen Aussichten? Der IWF rechnet damit, dass die venezolanische Wirtschaftsleistung 2017 um 12 Prozent und nächstes Jahr um 6 Prozent schrumpfen wird, und zwar bei einer Inflation von 1000 Prozent. Gleichzeitig hat das Land Schulden über rund 120 Milliarden Dollar, die sich mit den Zinsen auf rund 170 Milliarden Dollar summieren.

Was ist eine Staatspleite? Ein Land ist bankrott, wenn es seine fälligen Schulden nicht mehr begleichen kann und den Zinszahlungen nicht mehr nachkommen kann. Venezuela hat 2007 die Beziehungen zum Internationalen Währungsfonds (IWF) abgebrochen. Es sind private Gläubiger, die nun ihr Geld zurückhaben wollen. Die Konsequenzen eines Staatsbankrotts ist der sofortige Ausschluss aus den internationalen Finanzmärkten. Venezuela kann daher kein neues Geld aufnehmen. Vom Finanzmarkt der USA ist Venezuela bereits ausgeschlossen.

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