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Schwulenhass in Afrika Das letzte grosse Tabu

Für viele Afrikaner ist Homosexualität etwas Abartiges. Die katholische Kirche und Evangelikale schüren den Hass.

«Informiert uns weiter über sie, damit wir die Bedrohung ausmerzen können»: Mit seinem Aufruf zur Denunzierung von Homosexuellen sorgte der Gouverneur von Daressalam, der grössten Stadt Tansanias, international für Empörung.

Überrascht war Paul Makonda nicht über die Reaktionen: «Ich weiss, dass diese Aktion einigen Ländern nicht gefallen wird», sagte er vergangene Woche. Doch er könne sich nicht zurücklehnen und Menschen erlauben, das Falsche zu tun, nur weil einige Länder diese Art von Verhalten billigten.

Task Force gegen Homosexuelle

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Makonda hatte die Bevölkerung von Daressalam Ende Oktober aufgerufen, die Namen von angeblich homosexuellen Menschen einzureichen. Er habe bis zu dem Zeitpunkt fast 19’000 Namen erhalten und daraus eine Liste von 200 Menschen erstellt. Wenn sich durch Ermittlungen die Homosexualität beweisen lasse, würden sie angeklagt: «Das Verhalten Homosexueller tritt die moralischen Werte der Tansanier mit Füssen – egal ob diejenigen der Christen oder Muslime.»

Die USA und die EU gaben Reisewarnungen für das ostafrikanische Land heraus. Die US-Botschaft in Tansania rät Besuchern, ihre Social-Media-Kanäle auf «belastende» Posts und Bilder hin zu untersuchen; die EU zog ihren Botschafter aus Protest zurück.

Regierung krebst zurück

Die tansanische Regierung hat sich letztes Wochenende von Makondas Äusserungen distanziert. Allein: Ein fahler Nachgeschmack bleibt. Denn um den Aussetzer eines zweifelhaften Regionalpolitikers handelt es sich nicht: Homophobe Rhetorik ist in Tansania auf höchster politischer Ebene salonfähig.

Präsident John Magufuli machte nach seinem Wahlsieg 2015 deutlich: Wer «gegen die Natur» handle, dem drohten bis zu 30 Jahre Haft. Die Regierung von Tansania geht laut Human Rights Watch hart gegen Homosexualität vor.

Anna Lemmenmeier

Auslandredaktorin

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Anna Lemmenmeier ist Auslandredaktorin zuständig für Mittelamerika, Mexiko und die Karibik. Von 2017-2024 war sie Afrika-Korrespondentin von Radio SRF und lebte in Nairobi. Davor war sie Mitglied der Wirtschaftsredaktion. Sie hat internationale Beziehungen, Geschichte und Völkerrecht an den Universitäten von Bern, Genf und Ghana studiert.

Aktivisten berichten, dass Übergriffe auf sexuelle Minderheiten und Verhaftungen in den letzten Jahren zugenommen haben. Vor allem in der Millionenmetropole Daressalam und auf der Urlaubsinsel Sansibar kam es wiederholt zu Festnahmen von angeblichen Homosexuellen.

Mann mit dem Rücken zur Kamera
Legende: Homosexualität ist in Tansania – wie in vielen afrikanischen Ländern – verboten. Bei einer Verurteilung drohen langjährige Haftstrafen. Keystone

Auch andere afrikanische Länder, viele davon christlich geprägt, gehen gegen Homosexuelle vor. In Kenia etwa werden homosexuelle Handlungen mit bis zu 14 Jahren Gefängnis bestraft. In einigen Ländern droht ihnen gar die Todesstrafe, zum Beispiel in Teilen Nigerias. In Simbabwe war Langzeitdiktator Robert Mugabe Wortführer des Schwulenhasses. Seit 2006 gibt es dort ein Gesetz gegen «sexuelle Abnormitäten».

Mugabes Regime
Legende: Homosexuelle wurden unter Mugabes Regime massiv drangsaliert. Für den Langzeitdiktator waren Schwule schlimmer als Hunde und Schweine, wie er noch 2010 sagte. Reuters

Doch es gibt auch gegenläufige Tendenzen. So haben einige afrikanische Länder Homosexualität in den letzten Jahren entkriminalisiert. Gerade in urbanen Gebieten und besser ausgebildeten Schichten gebe es mittlerweile eine Tendenz, sexuellen Minderheiten offener zu begegnen, berichtet Lemmenmeier.

Viele sehen in der Homosexualität einen Lifestyle, eine persönliche Wahl. Darum sind sie der Meinung, dass die Menschen geheilt werden können.

In Südafrika steht ein Diskriminierungsverbot von Homosexuellen sogar in der Verfassung. Dies gehe auf die leidvollen Erfahrungen unter dem Apartheid-Regime zurück. Die Einsicht, dass niemand – unabhängig von Hautfarbe, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung – diskriminiert werden dürfe, habe sich durchgesetzt.

Zwangsverordnete Analuntersuchungen

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Per Gesetz stehen homosexuelle Akte in vielen afrikanischen Ländern unter Strafe. Diese zu beweisen ist in der Praxis allerdings schwierig. In Simbabwe etwa wird Homosexualität als «Handlung, die Kontakt zwischen zwei Männern beinhaltet und von einer vernünftigen Person als unanständige Handlung angesehen wird» definiert; selbst Händchenhalten wird demnach als strafbar ausgelegt.

Human Rights Watch verurteilte 2016 die verbreitete Praxis von Analuntersuchungen in afrikanischen Ländern, mittels derer Ärzte auf Anweisung der Polizei homosexuelle Praktiken nachzuweisen versuchen. Bei der medinisch haltlosen Untersuchung werden Finger oder Gegenstände in den After eingeführt, um vermeintliche Beeinträchtigungen des Analtrakts festzustellen.

Zur Strafverfolgung kommt die gesellschaftliche Ächtung: «Schwule und lesbische Menschen werden von der Familie verstossen oder finden keine Arbeit. Deswegen machen in Afrika auch nur wenige Menschen ihre Homosexualität öffentlich», so Lemmenmeier.

Für die meisten Menschen in Afrika sei diese etwas Abartiges, Widernatürliches: «Viele sehen in der Homosexualität einen Lifestyle, eine persönliche Wahl. Darum sind sie auch der Meinung, dass die Menschen geheilt werden können.»

Dabei spielen auch die katholische Kirche und Evangelikale, meist aus den USA, eine unrühmliche Rolle. «Sie predigen eben diese Rhetorik.» Für sie sei Homosexualität gegen Gott und das Christentum, und der Glaube biete Erlösung für die «Sünder».

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