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Strache verkündet Rückzug «Die FPÖ ist ihren Unsicherheitsfaktor los»

Vom Vizekanzler und Parteichef zur Hypothek: Der tiefe Fall des Heinz-Christian Strache hat Konsequenzen für seine Partei. An der Urne wurde die FPÖ am Sonntag übel abgestraft. Gestern schlossen die Rechtspopulisten jede Regierungsbeteiligung aus. Neben der Ibiza-Affäre wurde letzte Woche publik, dass die Wiener Staatsanwaltschaft wegen Veruntreuung von Parteigeldern gegen Strache ermittelt. SRF-Auslandredaktorin Simone Fatzer zu den neuesten Turbulenzen um Strache.

Simone Fatzer

Deutschland-Korrespondentin

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Simone Fatzer arbeitet seit 1998 für Radio SRF, unter anderem als Moderatorin der Sendung «Echo der Zeit» und als Dossierverantwortliche für Deutschland. Seit September 2021 ist sie Korrespondentin in Berlin.

SRF News: Strache ist ein «Animal politique». Kann man seine Aussage für bare Münze nehmen?

Simone Fatzer: Sein Auftritt heute Morgen wirkte jedenfalls glaubhaft. Strache hat stark betont, dass ihm seine freiheitliche Familie am Herzen liege und eine Spaltung verhindert werden müsse. Die Partei dürfe sich nicht zerreissen lassen. Das passierte ja Anfang der Nuller-Jahre tatsächlich einmal. Dieses Trauma schwebt immer noch über der FPÖ.

De Probleme der FPÖ bleiben gross. Sie hat letzten Sonntag fast eine halbe Million Wähler verloren.

Es wurde bereits spekuliert, dass Strache bei der Wien-Wahl im nächsten Jahr mit einer eigenen Liste antreten würde. Das ist damit vom Tisch. Straches Rücktritt ist zudem nicht ganz freiwillig. Der Druck wurde zuletzt sehr gross. Immer mehr FPÖ-Funktionäre verlangten ganz offen, dass sich Strache zurückziehen solle. Sein Rücktritt kommt spät. Aber mit Strache zieht nun derjenige die Konsequenzen, der am Debakel der letzten Monate schuld war.

Hat er in der Spesenaffäre Verantwortung übernommen?

Strache hat sich insofern enschuldigt, als dass er bedauere, die Wähler enttäuscht zu haben. Er wies aber sämtliche Vorwürfe in der Affäre von sich und sagte, er werde alles tun, um zur Aufklärung beizutragen. Selbst wenn sich bei den angeblich falschen Spesenabrechnungen juristisch nichts erhärten lässt: Es bleibt die Tatsache, dass ein Vizekanzler 14 Mal pro Jahr 15'000 Euro Gehalt erhalten hat – dazu 10'000 Euro Spesen und 2500 Euro Mietzuschuss. Das alles in einer Partei, die sich für den «kleinen Mann» einsetzt. Dieser hat nicht einmal 2500 Euro pro Monat zum Leben zur Verfügung. Das lässt sich nicht mehr erklären in der FPÖ.

Die FPÖ ist ein grosses Problem los. Was heisst das jetzt für die Partei?

Sie ist den Unsicherheitsfaktor Strache los. Aber die Probleme bleiben gross. Sie hat letzten Sonntag fast eine halbe Million Wähler verloren. Mit 16 statt 26 Prozent wie bei den vorletzten Wahlen hat die Partei keine starke Verhandlungsposition, um eine Regierung mit der ÖVP von Sebastian Kurz zu bilden. Sie hat keine Aussicht darauf, wichtige Ministerien und Posten in einer Koalitionsregierung zu bekommen. Deshalb sieht es derzeit so aus, als ob sich die FPÖ für die Oppositionsrolle entscheiden würde. Sie hat eine personelle und strukturelle Neuaufstellung angekündigt. Die Parteispitze will sich am Nachmittag mit ihrer eigenen Zukunft befassen. Man wird sehen, was dabei herauskommt.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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