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Tag der Menschenrechte Geburtstagsfeier wird zum Alarmruf

Die UNO will am heutigen Tag der Menschenrechte beginnen, ein ganzes Jahr lang den Geburtstag der universellen Menschenrechtserklärung zu feiern. Bloss: Zu feiern gibt es wenig. Denn um die Menschenrechte ist es von Jahr zu Jahr schlechter bestellt.

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er u.a. Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Prinz Zeid al-Hussein ist kein notorischer Schwarzmaler. Wenn der UNO-Hochkommissar für Menschenrechte jetzt, am Tag der Menschenrechte, ein finsteres Bild zeichnet, dann muss die Lage ernst sein.

Das Bewusstsein für die Menschenrechte verflüchtige sich in alarmierendem Ausmass, findet er. Der Fortschritt früherer Jahrzehnte, stehe plötzlich auf dem Spiel. Terroristen, Diktatoren und Populisten weltweit opferten die Grundrechte – ihrer eigenen Macht zuliebe. Mehr Rechte für Frauen, für Minderheiten, für die Medien, für internationale Gerechtigkeit – die Entwicklung sei nicht nur zum Erliegen gekommen. Die Lage verschlechtere sich sogar von Jahr zu Jahr.

Was Zeid al-Hussein in Worten sagt, belegt die US-Nichtregierungsorganisation Freedom House mit ihrer jährlichen und neuerdings stets ernüchternden Untersuchung mit Zahlen. 2016 war das elfte Jahr in Folge, in der die Welt unfreier wurde. In dem Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und bürgerliche Freiheiten im Krebsgang waren und die Medienfreiheit ausgehöhlt und eingegrenzt wurde.

Von Zentralafrika über Bahrein bis Burundi, von China über Russland bis zur Türkei, Venezuela, Ungarn oder Polen. Auch in den USA ist der Trend negativ. Positivmeldungen punkto Menschenrechte sind rar geworden.

Erklärung der Menschenrechte

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Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurde durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 veröffentlicht.

Gründe dafür gibt es mehrere. Ein wichtiger: Anders als erhofft, führte mehr Wohlstand in China nicht zu mehr Menschenrechten. Im Gegenteil: Unter Präsident Xi Jinping wird die Schraube noch stärker angezogen. Mit China und Russland werden gleich zwei Grossmächte immer autoritärer. Zwei Regime, die für zahlreiche andere Länder ein negatives Signal setzen. Zwei Grossmächte, deren globaler Einfluss wächst – im Fall von Russland: wieder wächst – seitdem der Westen schwächelt.

Duckten sich Autokraten lange Zeit weg, sobald von Menschenrechten die Rede war, fühlen sie sich inzwischen stark genug, aktiv gegen diese Rechte und eine internationale Strafjustiz zu kämpfen. Selbst in demokratischen Ländern wächst in gewissen Kreisen die Bewunderung für tatkräftige Autokraten wie Wladimir Putin oder Xi Jinping.

Seit Präsident Donald Trump in Washington regiert, haben sich ausserdem die USA als Kämpfer für Freiheit und Menschenrechte abgemeldet. Drohen gar mit dem Austritt aus dem UNO-Menschenrechtsrat. Trump sind solche Anliegen schlicht egal. Ja, er arbeitet im eigenen Land aktiv daran mit, etwa die Medienfreiheit zu desavouieren.

Eine Frau trägt eine Maske mit der Aufschrift Respect Human Rights.
Legende: Kampf für die Menschenrechte: In einigen Ländern werden fundamentale Grundrechte systematisch verletzt. Keystone/Archivbild

Europa wiederum ist derart mit internen Problemen – vom Brexit bis zur Euro- und zur Migrationskrise – beschäftigt -, dass es als Akteur auf der Weltbühne ausfällt. Bahn frei also für Potentaten.

In einer Welt, in der Normen und Werte missachtet werden, in einer Welt, in der das Recht an sich und die Rechte unter Druck sind, in einer solchen Welt herrscht die Macht. Hier gilt allein das Recht des Stärkeren. Das ist verheerend für die Menschen in Unrechtsstaaten. Aber es ist auch schlecht für kleine, vergleichsweise schwache Länder wie die Schweiz.

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