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International «Teheran reichte es, eine potenzielle Atommacht zu sein»

Die Untersuchung der internationalen Atomenergiebehörde brachte ans Tageslicht: Iran forschte intensiv an der Atombombe. Allerdings nur bis ins Jahr 2003. Danach ist die Forschung plötzlich eingeschlafen. Der Sicherheitsexperte Fredy Gsteiger nennt mögliche Gründe.

SRF: Die Ergebnisse des Berichts basieren unter anderem auf Geheimdienstinformationen der USA und Israels. Beides sind klare Gegner des Irans: Wie glaubwürdig sind die Aussagen der IAEA unter diesen Umständen?

Fredy Gsteiger: Ich halte sie trotzdem für glaubwürdig. Der UNO-Bericht stützt sich zwar auch auf Geheimdienstinformationen, aber nicht nur. Bei Geheimdienstinformationen ist klar, dass Vorsicht geboten ist. Die sind nie neutral. Geheimdienste wie der amerikanische und der israelische behaupten schon lange, der Iran habe nicht nur zivil, sondern auch militärisch an der Atomtechnologie gearbeitet.

Aber die IAEA hat auch andere Quellen wie Satellitenbilder, Berichte aus dem Iran und Zolldokumente. Und vor allem stützt sich die IAEA auf eigene Recherchen, wie beispielsweise Bodenproben von einer iranischen Militäranlage. So kommt die UNO-Behörde zum Schluss, dass der Iran gelogen und vertuscht hat.

Es gab nicht genügend angereichertes Uran. Der Iran war bestimmt noch etliche Jahre vom Atombombenbau entfernt.

Wie nahe war der Iran laut diesem Bericht an der Atombombe?

Es gab organisatorische Strukturen für die Atombombenforschung und Entwicklung. Es gab Tests von Zündern, Computersimulationen und Machbarkeitsstudien. Aber es gab keine fertigen Zünder und keine entsprechenden Raketen, mit denen die Bomben hätten eingesetzt werden können. Es gab auch nicht genügend angereichertes Uran. Es gab sicher keine fertige Bombe. Der Iran war bestimmt noch etliche Jahre vom Atombombenbau entfernt.

Kann man rückblickend sagen, dass Israel recht hatte? Das Land hatte immer wieder gewarnt und gesagt, der Iran werde die Atombombe bald haben.

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IAEA nährt Hoffnung auf Aufhebung der Sanktionen gegen Iran
aus Rendez-vous vom 03.12.2015. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 22 Sekunden.

Ein Stück weit, ja. Die Frage in diesem Zusammenhang lautet immer, wie nahe war Iran tatsächlich an der Bombe dran. Für Israel wären schon etliche Monate oder sogar Jahre viel zu nahe. Andere Länder sehen das anders. Israel geht davon aus, dass Teheran auch heute noch nach der Bombe strebt und sie gegen Israel einsetzen würde. Tatsache ist natürlich auch heute und trotz des Atomabkommens, dass man das Land nie daran wird hindern können, auf ewige Zeiten auf die Bombe zu verzichten.

Die Internationale Atomenergiebehörde betont, der Iran habe vor allem bis 2003 versucht, Atomwaffen zu entwickeln, danach eigentlich nicht mehr: Warum diese Zäsur 2003?

Es könnten drei Gründe dafür massgebend gewesen sein: Erstens, der Druck aus den USA, welche die Sanktionen gegen das Land verschärften. Zweitens wurde die Beschaffung von Material und Know-how schwieriger. Es wurden Atomschmuggelnetzwerke wie jenes des Pakistaners Abdul Qadeer Khan teilweise zerschlagen. Und drittens hat möglicherweise Teheran die politische Entscheidung getroffen, dass sie gar keine Bombe brauchen. Dass es für ihre Machtansprüche nicht nötig ist, eine reelle Atommacht zu sein, sondern dass es reicht, eine potenzielle zu sein.

Fredy Gsteiger

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Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

Diesen Sommer passierte Historisches, als die Internationale Gemeinschaft und der Iran sich im Atomstreit einigten. Unter anderem muss der Iran sein angereichertes Uran und seine Zentrifugen deutlich reduzieren. Dieser Atom-Deal hat die Beziehungen des Westens mit dem Iran entspannt. Warum kommt dieser IAEA-Bericht ausgerechnet jetzt?

Der IAEA-Bericht und das Atomabkommen hängen direkt miteinander zusammen. Das Abkommen verlangt, reinen Tisch zu machen. Die IAEA wurde nicht nur damit beauftragt darzulegen, was heute im Iran passiert, sondern auch was gestern war. Sie bekam dafür mehr Kompetenzen und Zugänge im Land. So konnte sie im Grunde genommen ein Stück Nukleargeschichte aufarbeiten.

Und was sagt eigentlich der Iran zu den Vorwürfen?

Teheran dementiert weiterhin. Man behauptet, das Atomprogramm habe immer nur zivilen Zwecken gedient. Aber offensichtlich versucht man in Teheran, den Ball flach zu halten. Man hat kein Interesse daran, die Sache hochzuspielen. Auch weil man selber immer wieder betont hat, Massenvernichtungswaffen seien unislamisch.

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