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Trump-Rede vor der UNO «Den Sinn sucht man vergebens»

Meint US-Präsident Donald Trump tatsächlich, was er vor der UNO sagte? Der amerikanische Historiker Andrew Basevich hat seine Zweifel.

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Legende: Boston University

Andrew Basevich (geb. 1947) ist Historiker, der sich auf Internationale Beziehungen, Sicherheitspolitik, amerikanische Aussenpolitik und Militärgeschichte spezialisiert hat. Er ist emeritierter Professor der Boston University.

In der Rede vor der UNO-Vollversammlung habe sich zum ersten Mal eine kohärente Weltsicht Donald Trumps gezeigt, so der konservative Denker und Militärhistoriker Andrew Bacevich.

Nach Trumps Auffassung bestehe die internationale Ordnung am besten aus souveränen Nationalstaaten, die in ihrem eigenen Interesse handeln – eine klare Abkehr von der bisher vorherrschenden liberalen Idee der gegenseitigen Abhängigkeit der Staaten.

Das sei aber auch schon das Ende der klaren Botschaft, sagt Bacevich. Denn im selben Atemzug bedrohe Trump die Souveränität sogenannter Schurkenstaaten wie Iran, Venezuela oder Nordkorea, dem er mit totaler Vernichtung drohte.

Suche man einen Sinn in Trumps Rede, müsse man davon ausgehen, dass ihre Einzelstücke irgendwie zusammenpassen und dass die Abwertung des nordkoreanischen Führers zum «Rocket Man» irgendetwas mit dem Souveränitätsprinzip zu tun habe.

Diesen Sinn suche man aber vergebens, so Basevich. Andere Staatsoberhäupter wüssten das. Kluge politische Köpfe würden Trumps Rhetorik nicht für bare Münze nehmen. Sie suchten stattdessen nach anderen Hinweisen, in welche Richtung sich die US-Sicherheitspolitik wirklich bewegt.

Beispiel Iran: Trump wiederholte vor der UNO seine grosse Skepsis gegenüber dem Nuklearabkommen, er nannte es «eine Peinlichkeit». Trotzdem sei das Abkommen neun Monate nach seinem Amtsantritt immer noch intakt. Der Iran sei sich dessen sehr bewusst, gibt Bacevich zu bedenken.

Könnte man Trumps aggressive Rhetorik nicht auch anders lesen? Als klassische – wenn auch drastisch formulierte – Abschreckungspolitik? Nein, sagt Bacevich. Denn bei der Abschreckung hätten Diplomaten und Regierungen immer auf grosse Klarheit geachtet – und strenge Verhaltens-Raster aufgestellt. Wichtige Regel: Man erhebe seine Stimme nicht. Denn in der Abschreckungsdiplomatie wolle man unter allen Umständen Missverständnisse vermeiden.

Andrew Bacevich ist die aktuelle Berichterstattung der Medien über die US-Politik gegen Nordkorea ein Dorn im Auge. Sein Appell an die Medien: Keine Kriegspanik schüren. Die Welt stehe nicht am Rande eines Krieges, trotz aller Rhetorik von Trump und Kim Jong Un, ist Bacevic überzeugt. Vor allem, weil Nordkorea genau wisse, dass es sein Ziel – die Erhaltung des Regimes – nur erreichen könne, indem es Krieg vermeide.

Neue Machtverhältnisse in Südostasien

Zudem entstehe in Südostasien gerade eine neue Machtstruktur. Die Alleinherrschaft der USA im Pazifik zerbröckele, so Bacevich. Es brauche ein neues Arrangement zwischen den Regionalmächten – unter der Führung von China. Finde man dies, werde sich das Nordkorea-Problem von selbst lösen, weil China es für eine lästige Ablenkung halten werde.

Längerfristig sieht Bacevich die Lösung also in Asien, nicht im Pflichtenheft der USA. In dieser Lesart würden auch Trumps bombastische Drohungen nichts daran ändern, dass die USA in Tat und Wahrheit in Südostasien an Einfluss verlieren.

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