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International Türkei und Nato – eine Partnerschaft mit unklaren Absichten

Die Türkei will nicht alleine mit Bodentruppen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im benachbarten Syrien vorzugehen. Damit stösst sie bei den Nato-Partnern zwar auf Verständnis. Doch Ankaras lavierendes Verhalten bei der Bekämpfung der IS an der eigenen Grenze erntet auch Kritik.

NATO-Generalsekretär Stoltenberg und Aussenminister Cavusoglu geben sich die Hand
Legende: Nur gemeinsam stark: NATO-Generalsekretär Stoltenberg und Aussenminister Cavusoglu suchen eine «gemeinsame Strategie». Reuters

Trotz des drohenden Falls der syrisch-kurdischen Stadt Kobane ist die Türkei nicht dazu bereit, alleine mit Bodentruppen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Nachbarland vorzugehen.

Das sei kein realistischer Ansatz, sagte Aussenminister Mevlüt Cavusoglu nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Ankara. Fredy Gsteiger, Diplomatischer Korrespondent von SRF, sagt dazu: «Einerseits wird die Kampfkraft der Dschihadisten doch als recht hoch angesehen, und andererseits wird befürchtet, dass die Dschihadisten über die Grenze in die Türkei gelangen könnten.» Deshalb wolle Ankara nicht allein eingreifen.

Das internationale Bündnis gegen den IS müsse sich erst auf eine gemeinsame umfassende Strategie einigen, sagte der türkische Aussenminister. Doch die lavierende Haltung der Türkei bei der militärischen Bekämpfung des IS stösst nicht nur auf Verständnis.

Stoltenberg diplomatisch – andere werden deutlicher

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte, die Türkei sei ein wichtiger Partner des Nordatlantik-Pakts . Der IS sei nicht nur eine Bedrohung für Syrien und den Irak, sondern für die Region und für die Nato-Staaten. «Die Nato steht bereit, alle Alliierten dabei zu unterstützen, ihre Sicherheit zu verteidigen», sagte Stoltenberg. Er verwies dabei auf die deutschen Patriot-Raketen in der Türkei zum Schutz gegen Angriffe aus Syrien.

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Nato-Land Türkei will nicht allein in Syrien intervenieren
aus Rendez-vous vom 09.10.2014.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 59 Sekunden.

Stoltenberg würde ein stärkeres Engagement der Türkei begrüssen, sagt SRF-Korrespondent Gsteiger. «Das heisst nicht, dass er davon ausgeht, dass es gleich ein Grosseinsatz von Landstreitkräften sein müsste.» Auch unterhalb dieser Schwelle könnte die Türkei mehr tun; sie könnte etwa den Kurden Waffen liefern.

Dass Ankara ein aktivere Rolle einnehmen soll, findet auch Harald Kujat, Generalinspekteur der deutschen Bundeswehr. Er ist ehemaliger Vorsitzender des Militärausschusses der Nato. «Überhaupt nicht einverstanden» sei er mit der Rolle der Türkei im Konflikt, sagte er gegenüber SRF.

Als Beispiel führt Kujat Ankaras Weigerung an, den verbündeten Staaten die eigenen Flugplätze zur Verfügung zu stellen: «Damit wäre die Ausgangsbasis für Luftangriffe viel besser, die Ziele könnten effektiver bekämpft werden.»

«Wir sind nie zurückhaltend gewesen»

Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu wies indes Vorwürfe zurück, die Türkei engagiere sich nicht ausreichend im Kampf gegen den IS. «Wir sind nie zurückhaltend gewesen», sagte er. Er erneuerte die türkische Forderung nach einer Schutz- und einer Flugverbotszone in Syrien.

Ausserdem müsse der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Teil der Strategie gegen den IS sein. Solange das Assad-Regime an der Macht sei, würden Blutvergiessen und Massaker in Syrien andauern.

«Türkei will Gesamtstrategie»

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Legende: ndr

Die Panzer der Türkei stehen zwar bereit. Doch sie werden nicht eingesetzt – zur grossen Empörung der 15 Millionen Kurden in der Türkei und all jener im Ausland. ARD-Korrespondent Thomas Bormann erklärt die Gründe für die Zurückhaltung.

Diese Prioritätensetzung sieht auch Kujat als Ankaras Hauptanliegen – und Hauptproblem: «Die drängende Frage ist eine andere: Wie können wir den von der IS bedrohten Menschen helfen? Wir alle stehen etwas ratlos da und schauen zu. Und die Türkei ist nun einmal am nächsten dran – und auch sie schaut zu.»

Schon bald ein Nato-Bündnisfall?

Wenn der Islamische Staat tatsächlich über die türkische Grenze marschieren würde, könnte die Türkei den Bündnisfall ausrufen. «In der Nato gilt das Prinzip: Ein Angriff auf ein Mitgliedsland ist ein Angriff auf alle», sagt Gsteiger. Der Nato-Generalsekretär habe dies der Türkei auch deutlich gesagt.

Generalinspekteur Kujat betrachtet jedoch auch ein solches Szenario kritisch: «Natürlich gibt es Bündnisverpflichtungen. Es ist eine sehr komplizierte und schwierige Situation. Aber auch wir, die Verbündeten, haben sicherheitspolitische Interessen – und diese müssen zum Tragen kommen.»

Er könne zwar gut verstehen, dass die Türkei nicht alleine intervenieren wolle. Ein Szenario, bei dem sich die Nato mit Bodentruppen im Konflikt engagieren würde, betrachtet er aber als äusserst gefährlich.

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