Einen Tag nach der Verschleppung von rund 20 Blauhelm-Soldaten der UNO sind noch immer viele Fragen offen. So ist unklar, was genau die Gruppe eigentlich fordert.
Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, die Gruppe verlange im Gegenzug für die Befreiung den Abzug der syrischen Armee aus einem Dorf in der Region.
In anderen Meldungen heisst es hingegen, von dieser Forderung hätte sich die Führung der Gruppe inzwischen distanziert. Stattdessen sollen die Entführer ein weiteres Video veröffentlicht haben. In diesem erklären die Geiseln offenbar, «Zivilisten» hätten versucht, sie zu schützen, als sie sich in einer Region bewegten, die bombardiert wurde. Sie würden gut versorgt.
Die Gruppe soll sich «Märtyrer von Jarmuk» nennen. Der Name Jarmuk dürfte auf das gleichnamige palästinensische Flüchtlingslager im Süden von Damaskus zurückgehen. Es war bis zum Beginn des Bürgerkrieges das grösste palästinensische Flüchtlingslager in Syrien, später hatten aber auch viele Syrer dort Schutz gesucht. Machthaber Baschar al-Assad hat das Lager wiederholt bombardieren lassen.
Die syrische Opposition ging auf Distanz zu den Entführern. Ein Sprecher der Nationalen Koalition sagte, es handle sich um eine lokale Gruppe, vermutlich um «einen Akt der Verzweiflung». Ein Sprecher der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee sagte, er erwarte die Freilassung der Blauhelme binnen weniger Stunden.
Israel fürchtet Abzug der UNO-Soldaten
Nach bisherigen Informationen waren die Blauhelme – es handelt sich angeblich um Philippiner – am Mittwoch bei einem regulären Einsatz auf den Golanhöhen von etwa 30 Rebellen gestoppt worden. Der Vorfall soll sich auf syrischem Gebiet ereignet haben, in unmittelbarer Nähe zur Pufferzone, die von der UNO kontrolliert wird.
Die Blauhelme sind in den vergangenen Monaten immer wieder zwischen die Fronten des Bürgerkriegs geraten, wenn etwa Granaten und Raketen aus Syrien in der von der UNO überwachten Zone einschlugen. Mit der Entführung sind sie nun gänzlich in den Strudel des Krieges geraten, was unter anderem in Israel Besorgnis auslöst.
Dort gibt es offenbar Befürchtungen, die UNO könne nach der Entführung ihre Beobachtermission auf dem Golan abziehen. Ein Regierungsvertreter sprach von einem «gefährlichen Vakuum», das nach dem Ende der Mission entstehen könnte. In einem Zeitungsbericht hiess es, man befürchte, dass nun «al-Kaida-Mitglieder die Kontrolle über die Pufferzone übernehmen».
Unmögliche Forderungen
Warum die Gruppe ausgerechnet die UNO gegen sich aufbringt, bleibt undurchschaubar. «Ihnen müsste klar sein, dass ihre Forderung für die Vereinten Nationen praktisch unerfüllbar ist», sagte SRF-Nahostkorrespondent Philipp Scholkmann.
«Niemand weiss, wie die UNO den geforderten Rückzug aus einer Ortschaft in der Region bei den syrischen Regierungstruppen durchsetzen könnte.» Scholkmann schloss schliesst nicht aus, dass den Entführern die Aktion nach dem internationalen Druck bereits über den Kopf gewachsen ist.