Jeweils um etwa 18 Uhr ist es so weit, in einem Gefängnis im Norden des Bundesstaates Florida. Dem Verurteilten werden intravenös drei Wirkstoffe gespritzt: um ihn bewusstlos zu machen, um ihn zu lähmen, um den Herzschlag zu stoppen. Floridas Gouverneur, Ron DeSantis, ein Republikaner, hat in diesem Jahr 18 zum Tode Verurteilte auf diese Weise hinrichten lassen. Ein zum Tode verurteilter Serienmörder soll am Donnerstag hingerichtet werden. Alle Hingerichteten waren Mörder, manche auch Kindermörder. Alle sassen seit Jahrzehnten in der Todeszelle.
Noch nie seit 1976, als Hinrichtungen in den USA wieder zugelassen wurden, sind in Florida innerhalb eines Jahres so viele Todesstrafen vollstreckt worden, nicht einmal annähernd. Florida treibt damit landesweit die Zahl der Hinrichtungen in die Höhe: Es sind dieses Jahr 47, so viele wie seit 16 Jahren nicht mehr.
Die Todesstrafe als politisches Mittel
«Verzögerte Gerechtigkeit ist verweigerte Gerechtigkeit», sagte DeSantis im November und erklärte, er setze die Hinrichtungen für die Opferfamilien an. Es dauere zu lange, bis zum Tode Verurteilte hingerichtet würden. Er glaube, die Todesstrafe hätte eine stark abschreckende Wirkung, wenn sie rasch vollstreckt würde.
Die Todesstrafe wird von Amtsträgern genutzt, um zu zeigen, wie hart man im Umgang mit Kriminellen ist.
Robin Maher widerspricht. Die angesehene Expertin leitet das «Death Penalty Information Center». «Eine abschreckende Wirkung der Todesstrafe konnte nie nachgewiesen werden», so Maher. Vielleicht habe DeSantis politische Motive: «Die Todesstrafe wird von Amtsträgern genutzt, um zu zeigen, wie hart man im Umgang mit Kriminellen ist.»
Auf der Ebene der Bundesregierung hatte auch Präsident Donald Trump am Ende seiner ersten Amtszeit mit hohem Tempo hinrichten lassen. Sein Nachfolger Joe Biden wandelte 37 Todesstrafen in lebenslange Haftstrafen um. Trump aber hat versprochen, die Todesstrafe in seiner zweiten Amtszeit wieder voranzutreiben. Er hat keinen direkten Einfluss darauf, ob auch die einzelnen Bundesstaaten wieder hinrichten lassen.
Aber: «Trumps Enthusiasmus für die Todesstrafe hat einzelne Akteure beeinflusst und vielleicht dazu ermutigt, mehr Hinrichtungen anzusetzen und häufiger über die Todesstrafe zu sprechen als in den letzten Jahren», sagt Robin Maher.
Abnehmende Unterstützung für die Todesstrafe
Der langjährige Trend ist ein anderer: Gemäss dem Umfrageinstitut «Gallup» ist in den USA zwar eine knappe Mehrheit für die Todesstrafe. Aber die Zustimmung hat stark abgenommen. Geschworenengerichte verhängen die Todesstrafe sehr viel seltener als früher.
Im grössten Teil des Landes werden keine Hinrichtungen mehr durchgeführt und keine neuen Todesstrafen mehr ausgesprochen.
Die meisten Hinrichtungen fanden dieses Jahr in nur vier südlichen Bundesstaaten statt: Florida, Alabama, South Carolina und Texas. «Im grössten Teil des Landes werden keine Hinrichtungen mehr durchgeführt und keine neuen Todesstrafen mehr ausgesprochen», sagt Maher.
Man darf sich fragen, weshalb Florida unter DeSantis wenigstens vorübergehend eine andere Richtung einschlägt. DeSantis wird das Gouverneursamt im Januar 2027 wegen einer Amtszeitbeschränkung räumen müssen. Manche vermuten, er wolle mit den vielen Hinrichtungen Härte demonstrieren und seine politische Zukunft vorbereiten. Falls das für DeSantis, der schon 2024 US-Präsident werden wollte, der Antrieb sein sollte, so dürfte die Serie von Hinrichtungen in Florida nicht so bald abreissen.