Die erste landesweite Feuerpause in Afghanistan seit mehr als 15 Jahren hat auch den dritten Tag weitgehend gehalten. Sie wurde von Millionen Afghanen begeistert gefeiert.
Dabei kam es zu nachgerade surrealen Szenen der Verbrüderung von Taliban und Staatsvertretern, die in krassem Kontrast zu Monaten äusserst blutiger Auseinandersetzungen standen.
Allein seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im Mai hatten es die Taliban geschafft, eine Provinzhauptstadt kurzzeitig einzunehmen, mehrere Bezirke zu erobern und pro Woche mitunter mehr als 100 Soldaten und Polizisten zu töten.
In Kabul und anderen Städten fuhren zerrupft aussehende, langhaarige Kämpfer mit schwarzen Turbanen auf Motorrädern durch die Strassen und hielten an für Fotos und zu Gesprächen mit strahlenden Anwohnern.
Eine auf sozialen Medien viel verbreitete Geschichte war die von Taliban-Kämpfern, die in Kabul nach dem Weg zu den Eisdielen von Baharistan fragten. Die Eismacher aus diesem Viertel sind berühmt im Land.
«Es wird schwerer, grausam zu sein»
Die Chancen, dass das Blutvergiessen aufhört oder dass der Waffenstillstand zu Friedensverhandlungen führen könnte, scheinen aber klein. Ermutigt vom Erfolg der ersten zwei Tage hatte Präsident Aschraf Ghani noch am Samstagabend die Feuerpause der Regierung einseitig verlängert und Verhandlungen angeboten.
Aber die Taliban lehnten tagsdarauf ab. Ein Sprecher sagte: «Wir planen keine Verlängerung des Waffenstillstandes. Er endet heute.» Interessant war eine Anweisung der Taliban-Chefetage an die Kämpfer, nicht mehr in die Städte zu gehen und sich mit Soldaten oder Zivilisten zu treffen. Begründung war der Anschlag auf eine Friedensfeier am Samstag.
Einige Beobachter lasen angesichts der sichtlichen beiderseitigen Freude an dieser Kampfespause auch Sorge vor einer Demoralisierung der Fusssoldaten heraus. «Je näher sich die Menschen kommen, desto schwieriger wird es, grausam zu ihnen zu sein», twitterte einer.
Hunderte verlangen Ende des Blutvergiessens
In der Bevölkerung haben aber drei Tage Frieden einen riesigen Appetit auf mehr geschaffen. «Es ist das erste Mal in zehn Jahren, dass ich Hoffnung habe», schrieb ein prominenter Journalist.
Hunderte verlangten in Medien und sozialen Netzwerken nach einem Ende des Blutvergiessens.