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Schiesserei vor McDonald’s in München
Aus News-Clip vom 22.07.2016.
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International Wenn Augenzeugen die ersten Bilder vom Tatort veröffentlichen

Bilder und Videos von Augenzeugen rund um die Tat in München machten über die Kanäle der sozialen Medien rasch die Runde. Zahlreiche Spekulationen, aber auch Hinweise fielen dadurch mitten in den Einsatz und die Ermittlungen der Polizei. Einordnungen von Medienforscher Carsten Reinemann.

SRF News: Wie haben Sie die unmittelbare Verbreitung des Bildmaterials von Augenzeugen zur Tat in München wahrgenommen?

Carsten Reinemann: Mein Eindruck war, dass einzelne Augenzeugen-Videos extrem schnell Teil der Berichterstattung wurden – etwa die Szene vor der McDonald's-Filiale. Ob diese Übernahme schneller war als in Paris oder Nizza (Anschläge vom 13. November 2015 bzw. 14. Juli 2016, Anmerkung der Redaktion), kann ich nicht mit Sicherheit sagen – ich vermute aber eher nein. Social Media sind Echtzeit-Medien – und sie waren es auch hier.

Zur Person

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Carsten Reinemann ist seit 2008 Professor für Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der Forschungsschwerpunkt des Medienwissenschaftlers ist die politische Kommunikation.

Ist diese sofortige Verbreitung von Material, das wie bei der Szene vor der McDonald's-Filiale den Amokläufer während der Tat zeigt, hilfreich oder kontraproduktiv für die Ermittlungen der Polizei?

Die sofortige öffentliche Verbreitung ist aus polizeilicher Sicht sicher eher kontraproduktiv. Zum einen befriedigt sie den Wunsch des Täters nach maximaler Aufmerksamkeit für seine Person, die auch Nachahmungstäter animieren kann. Zum anderen kann sie die Wahrnehmung von Zeugen beeinflussen oder im Rahmen einer noch laufenden Fahndung Panikreaktionen befördern, die dann unter Umständen zu Falschmeldungen beitragen. Allerdings sind die Medien ja hier nur ein Teil des Problems, da viele Videos ja von Zeugen sofort ins Netz gestellt werden.

Wie beurteilen Sie die Rolle der Medien, wenn es um die Verbreitung und Diskussion solcher Bilder und Videos geht?

Die journalistischen Medien sind natürlich in einer Zwickmühle. Sie sehen, was sich ohnehin in den sozialen Medien verbreitet, und sie geraten dadurch in Zugzwang. Sie sollten aber dennoch verantwortungsvoll handeln – besonders wenn es um das Zeigen von Opfern geht. Man muss sich ja klar machen, dass hier möglicherweise Menschen vor dem Bildschirm sitzen, die um ihre Angehörigen bangen.

Die Polizei München veröffentlichte schliesslich den Aufruf, Bilder und Videos ausschliesslich der Polizei zur Verfügung zu stellen. Sie stellte hierzu ein Upload-Portal bereit. Ist das die Lösung, um heikles Bildmaterial rechtzeitig zu kanalisieren? Oder braucht es weitere bzw. andere Massnahmen?

Ich kann mir im Moment leider keine anderen Massnahmen vorstellen. Aber die Situation in München zeigt erneut: Wie auch in anderen Bereichen des Online-Verhaltens sind sich viele Menschen leider nicht bewusst, was sie mit Kommentaren oder dem Hochladen von Inhalten auslösen. Dass sie in der neuen Welt der sozialen Medien mehr Verantwortung dafür übernehmen müssen, was sie anklicken, was sie liken, was sie hochladen. Erst denken, dann klicken. Das müssen viele erst noch lernen.

Das Gespräch führte Emanuel Gyger.

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