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Übernahme von Marawi als «Testlauf»
Aus Echo der Zeit vom 06.06.2017. Bild: Reuters
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Islamisten auf den Philippinen Wie der IS seinen Einfluss nach Südostasien ausweitet

Lokale islamistische Rebellen haben im Namen des IS auf der philippinischen Insel Mindanao die Stadt Marawi besetzt. Wie es dazu kommen konnte und was dahinter steckt, erklärt SRF-Südostasienkorrespondentin Karin Wenger.

Die Philippinen sind rund 8000 Kilometer von Syrien und dem Irak entfernt. Trotz der grossen Distanz scheint sich die Terrormiliz IS im Süden des pazifischen Inselstaates auszubreiten. Islamistische Rebellen haben auf der Insel Mindanao die Stadt Marawi besetzt und liefern sich heftige Gefechte mit Soldaten.

Wie ist die aktuelle Lage in der Stadt Marawi? «Was zurzeit in Marawi vor sich geht, ist ein Häuserkampf», sagt SRF-Südostasienkorrespondentin Karin Wenger. Wobei die Islamisten offenbar die besseren Karten haben: «Sie waren extrem gut vorbereitet, haben Waffen und Proviant in Moscheen und Tunnels versteckt und können so wochenlang überleben», sagt Wenger. Die Armee vermutet noch ungefähr 100 Kämpfer, in sich in der Innenstadt verschanzt haben. Die meisten Bewohner konnten fliehen. «Einige Hundert harren noch aus, weil sie nicht fliehen können. Denen gehen langsam das Wasser und die Nahrungsmittel aus. Für sie ist es eine schwierige Situation – eingeklemmt zwischen Islamisten und der Armee.»

Sind die Rebellen stärker als vermutet? «Es sieht so aus», befürchtet Wenger. Präsident Rodrigo Duterte sagte letzten Samstag, die Stadt werde in drei Tagen befreit sein. Diese drei Tage sind verstrichen, die Kämpfe halten an. Am Sonntag gab es einen kurzen Waffenstillstand von vier Stunden. Dieser wurde gebrochen. «Das heisst, die Zivilisten bleiben gefangen.» Die Kämpfer hätten zu Beginn eine Polizeistation samt Waffen und Munition erobert und sich so auf eine längere Aktion eingerichtet. «Die Regierungstruppen versuchten zwar Isnilon Hapilon, den der IS letztes Jahr zum Emir in Südostasien ernannt hat, zu verhaften. Das schlug aber fehl. Das war der Startschuss für den Angriff der Islamisten auf Marawi.»

Steuert der IS den Aufstand auf Mindanao? Dafür gebe es Hinweise, sagt die SRF-Korrespondentin. «Vor einem Jahr kursierte ein Video im Internet, in dem ein IS-Anführer in Syrien seine Anhänger dazu aufrief, Isnilon Hapilon zu folgen, falls sie nicht in den Nahen Osten reisen könnten.» Ausserdem hätten nun Soldaten in einem Haus der Extremisten in Marawi Bargeld gefunden – umgerechnet eine Million Franken. Das zeige, dass die örtlichen Extremisten mit internationalen Terrorgruppen im Kontakt stünden und von ihnen finanziert würden, sagte ein Sprecher. «Da gibt es also ganz sicher eine Verbindung», ist Wenger überzeugt.

Sind auch ausländische Kämpfer beteiligt? Laut Angaben der Regierung gibt es ungefähr 40 Ausländer, die zurzeit in Malawi kämpfen. Sie sollen aus Indonesien, Malaysia, Indien, Saudi-Arabien, Marokko und Tschetschenien stammen. Die Mehrheit komme jedoch von der Insel Mindanao selbst. «Hier kämpfen muslimische Separatisten seit Jahrzehnten für eine Abspaltung von den Philippinen, einem mehrheitlich christlichen Land», erklärt Wenger. «Diese Gruppen haben sich immer weiter aufgeteilt. Friedensgespräche sind gescheitert. Einige Flügel sind immer radikaler und immer ideologischer geworden.»

Will der IS diese Gruppen zu einer Kraft vereinen? «Das ist das Ziel der Terrormiliz. Die Übernahme von Marawi wird jetzt als eine Art Testlauf gesehen.» Isilon Hapilon, der Anführer des IS auf Mindanao, war früher Chef der Terrorgruppe Abu Sayyaf, die für ihre Entführungen bekannt ist. Dann schwor er dem IS die Treue. Er schaffte es schnell, andere Gruppen unter der schwarzen Flagge zu vereinen. Heute führt er eine Allianz aus mindestens zehn kleineren militanten Gruppen. Doch was passiert, wenn Kämpfer aus Syrien zurückkehren, wenn die Region ein Magnet für Terrorismus wird? Diese Angst hätten Regierungen in Südostasien immer wieder geäussert, so Wenger. Nun zeige sich, dass diese Gefahr bestehe: «Die Einnahme von Marawi könnte einen enormen Propagandaeffekt auf Terroristen haben, die so angelockt werden könnten.»

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