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Jahresrückblick 2015 «Es war ein anspruchsvolles und intensives Jahr»

Eine nachdenkliche Simonetta Sommaruga zieht Bilanz ihres zu Ende gehenden Präsidialjahres. In einem schwierigen Umfeld habe die Schweiz einiges gut gemacht. Gleichwohl habe das Jahr die Schweiz und auch sie persönlich gefordert. Sorge bereitet ihr der härter werdende Ton in politischen Debatten.

Welcher Ort steht für Ihr 2015? Das wollten wir von der Bundespräsidentin wissen – um dort mit ihr Bilanz des zu Ende gehenden Jahres zu ziehen.

Simonetta Sommaruga lud in ihr Büro. «Es ist ein Ort, den ich gern habe und an dem es mir wohl ist», sagt die scheidende Bundespräsidentin. «Und es ist auch ein Ort, an dem in diesem Jahr viele Entscheidungen gefallen sind.»

Diese fielen ihr in diesem Jahr nicht immer leicht. «Wir hatten ein schwieriges internationales Umfeld», sagt Sommaruga, «und in diesem Umfeld haben wir sicher einiges gut gemacht». Zweifellos sei 2015 aber auch ein Jahr gewesen, dass die Schweiz, die Regierung und nicht zuletzt auch sie selber gefordert habe. «Es war ein anspruchsvolles und intensives Jahr.»

Hätte sie mehr erreichen können? Andere Entscheidungen treffen müssen, wie es Vertreter von SVP und FDP immer wieder forderten? «Jeder sieht, was derzeit auf der Welt passiert», sagt Sommaruga. «Wir erleben die grösste Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.» Diese Entwicklung gehe auch an der Schweiz nicht spurlos vorbei. «Dass man in so einer Situation nach Schuldigen sucht, gehört offenbar zum politischen Geschäft dazu», so Sommaruga.

Angesprochen auf massive Anfeindungen in den sozialen Medien äussert sich die Bundespräsidentin zurückhaltend. «Man sagt, Politiker müssten mit solchen Anfeindungen umgehen können.» Sie habe, so Sommaruga, in diesem Jahr vielleicht auch noch zusätzlich zu spüren bekommen, dass sie ein Departement mit vielen schwierigen Dossiers leite.

Sorge bereite ihr allerdings, dass sich der Ton in politischen Debatten zunehmend verhärte. «Ich weiss von Parlamentariern, dass sie die Sicherheitsbehörden einschalten mussten – nicht nur, um sich zu schützen, sondern auch ihre Familien. Und das ist etwas, was mit unserer Kultur und unserem politischen System überhaupt nicht vereinbar ist.» In diesem politischen System dürften andere Meinungen auch heftig vertreten werden. Anfeindungen, Verunglimpfungen, Diskreditierungen aber hätten keinen Platz.

Es hat auch ganz schöne Momente gegeben.

Ihr Präsidialjahr, so Sommaruga, sei aber nicht nur ein schwieriges Jahr gewesen. «Es hat auch ganz schöne Momente gegeben.» Viele davon seien nicht öffentlich gewesen. Für sie habe zum Beispiel die Leitung der Bundesratssitzungen dazu gehört. «Das sind wichtige Momente, in denen die Landesregierung am Mittwochmorgen zusammenkommt, und in denen die Bundespräsidentin dazu beitragen kann, dass wichtige und schwierige Entscheide in einem Klima fallen können, in dem sich alle ausdrücken können. Das sind für mich Höhepunkte in diesem Präsidialjahr gewesen.»

Auch die Möglichkeit, Staatsgäste von einer anderen Seite kennenzulernen, habe sie geschätzt, sagt Sommaruga. Den französischen Staatspräsidenten François Hollande im Auto als eine Person zu sehen, «der mit sich ringt und der Fragen hat, die ihm niemand beantworten kann», habe sie beeindruckt. «Und was die Öffentlichkeit auch nicht mitbekommen hat: Beim Staatsbesuch der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel gab es auch Momente, in denen wir es ‹schampar lustig› hatten.»

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