Seit gut einem Jahr ist Marc Schneider der Chefcoach beim FC Thun. Dabei hatte er zu Beginn noch nicht einmal die erforderlichen Trainerlizenzen in der Tasche. Unterdessen könne er immer mehr gestalten, sagt der 37-Jährige. Er, der grosse Teile seiner Fussballerkarriere in Thun zubrachte. Er war erst Juniorspieler, dann Profi in Thun, Nachwuchstrainer, Assistenztrainer und nun oberster Coach des Vereins.
SRF News: Marc Schneider, als sie vor einem Jahr die erste Mannschaft des FC Thun übernommen haben, da hiess es hier und da: Ein Experiment, so einen jungen Mann einzusetzen. Wie war es für Sie?
Marc Schneider: Für mich und den Verein war es kein Experiment. Wir wussten, worauf wir uns einliessen und was wir erreichen wollten. Und schauen wir uns die anderen Superleague-Vereine an, dann haben einige Vereine auch junge Trainer portiert. Wir waren einfach die ersten.
Als Cheftrainer hatten Sie zuvor lediglich die U-13-Mannschaft des FC Thun unter sich. Jetzt die oberste Mannschaft – war das nicht auch ein Sprung ins kalte Wasser?
Jein. Ich war ja auch vier Jahre Assistenztrainer parallel zur U-13-Mannschaft. Da habe ich viel Verantwortung erhalten von meinen Vorgesetzten und durfte viele Dinge leiten. Darum war die erste Mannschaft für mich nicht völlig neu, ich kannte die Mechanismen. Zudem war ich als Spieler auch lange auf der anderen Seite.
Wo stehen sie jetzt, nach einem Jahr?
Wir hatten ja ein bewegtes Jahr mit hohen Siegen und Kanterniederlagen. Dabei habe ich viel gelernt, auch im Umgang mit der Mannschaft. Was ist wichtig? Was kann man mal etwas gerade sein lassen? Welche Entscheide muss ich als Trainer fällen und wo kann die Mannschaft in die Verantwortung nehmen? Da habe ich mir einen Weg gesucht.
Die Mannschaft des FC Thun ist relativ stabil geblieben auf die neue Saison hin. Es gab wenig Abgänge. Kommt das Ihnen entgegen?
Das stimmt. Alle reden immer von den neuen Transfers, von neuen Spielern. Für mich sind aber jene Spieler entscheidend, die da bleiben. Wichtige Spieler zu behalten, das ist ein Erfolg für uns.
Sie wurden von der Vereinsleitung bewusst aufgebaut als Trainer. Erzeugt das auch Druck?
Der Druck ist riesig, das ist so, das spüre ich auch. Beim FC Thun geht es ja um Sein oder Nichtsein. In der obersten Liga ist nie so recht klar, wie es mit dem Verein weitergeht. Aber es ist nicht die Vereinsleitung, die Druck ausübt.
Bei einem anderen Verein wäre ich wohl im Verlauf des letzten Jahres entlassen worden.
Wir können uns aufeinander verlassen, auch wenn es schwierig wird. Bei einem anderen Verein wäre ich wohl im Verlauf des letzten Jahres entlassen worden. Das zeigt ja auch, wie der FC Thun funktioniert. Es soll eine längerfristige Sache werden.
Sie haben als Spieler viele Erfahrungen gesammelt, spielten zum Beispiel unter Lucien Favre beim FC Zürich. Was wollen Sie davon beim FC Thun umsetzen?
Ich stehe für Fussball, der aktiv sein soll. Es soll Freude machen, zuzuschauen. Aber klar, man muss auch realistisch sein. Wir haben schlussendlich die Möglichkeiten, die wir haben. Daraus möchte ich das beste machen.
Das Interview führte Urs Gilgen.