Das Problem: Gewalt innerhalb der Familie ist ein grosses Problem. Jedes Jahr gibt es schweizweit rund 10'000 Opfer von häuslicher Gewalt. Die Spannbreite der Delikte ist gross, sie reicht von Beschimpfungen bis hin zu Tötungsdelikten. So wurden im Jahr 2018 in der Schweiz 27 Personen im häuslichen Umfeld getötet.
Die Idee: Der Kanton Solothurn wollte nicht einfach zuwarten, bis die Gewalt eskaliert. Er hat deshalb im Herbst eine neue Beratungsstelle ins Leben gerufen. An diese Stelle sollen sich potentielle Täterinnen und Täter wenden, und zwar bevor es zu Gewalt kommt.
Die Ursache: Laut Martin Schmid von der Beratungsstelle Gewalt fehlt den potenziellen Gewalttätern oft der Zugang zu den eigenen Emotionen. «Es ist wichtig, dass die Leute lernen Emotionen wie Trauer oder Hilflosigkeit zuzulassen ohne diese in Wut umzuwandeln.» Oft würden die Leute nicht bei ihren tatsächlichen Gefühlen bleiben, sondern Wut daraus machen - und dann zuschlagen.
Die Bilanz: Der Kanton hat nun erste Zahlen zum Projekt bekannt gegeben. Er schreibt, dass das Angebot gut genutzt werde, allerdings würden die betroffenen häufig zu lange warten. Insgesamt hätten sich 19 Personen an die Beratungsstelle gewandt, aus allen sozialen Schichten, vom Teenager bis zum Senior. Es sei zu 54 Gesprächen gekommen.
Die Frage : Erreicht man so die potentiellen Täter tatsächlich? Denn wer sich freiwillig an eine Beratungsstelle wendet, hat ja bereits erkannt, dass er ein Problem hat. Die Hemmschwelle sich einzugestehen, dass ein Problem vorhanden sei, sei sicher sehr gross, sagt Manuela Meneghini, Leiterin der Fachstelle Prävention und Gesundheitsförderung des Kantons Solothurn. Allerdings ist sie überzeugt vom Projekt, auch wenn es nicht alle Gewalttäter erreicht oder alle Delikte verhindert: «Es ist sicher besser in die Prävention zu investieren, als in die Schadensminderung nach der Tat.»