Noch vor kurzem machte sich die Politik Sorgen über die Zukunft der Kantonsschule Zofingen. Gebaut wurde sie für 500 Schüler. Doch sie erreicht seit Jahren nicht einmal die Schwelle von 400 Jugendlichen.
Das sei zu wenig, hiess es immer wieder in Bildungskreisen. Eine derart kleine Mittelschule könne nicht so viele Freifächer anbieten wie eine grosse Schule. Und deshalb sei sie nicht attraktiv. Weiter wurde beklagt, die Kanti Zofingen habe keine Ausstrahlung. Pädagogisch sei sie zwar gut aufgestellt. Aber sie präsentiere sich nach aussen zu wenig. Man wisse nicht, was dort laufe.
Die Politik suchte nach Lösungen. Eine Möglichkeit zur «Rettung» der Kanti: Die Wirtschaftsmittelschule WMS sollte von der Kanti in Aarau nach Zofingen verlagert werden. So hätte man in Zofingen die gewünschte Schülerzahl von 500 erreicht.
Und der zweite Ansatz: Das Gesetz so ändern, dass man der Kanti Zofingen Schüler zwangsweise hätte zuteilen können aus «schulorganisatorischen» Gründen. Damit wäre die Freiheit, welche die Jugendlichen heute bei der Wahl der Mittelschule grundsätzlich haben im Aargau, ausgehebelt worden.
Es geht auch ohne Politik
Alle Rettungsversuche verliefen jedoch im Sand. Sie gehörten zum Reformpaket «Raum- und Standortkonzept Sekundarstufe II», ein Geschäft auf welches der Grosse Rat gar nicht eintrat. Doch nun zeigt sich: Offenbar ist die Mittelschule in Zofingen auch ohne Rettungsübungen auf dem aufsteigenden Ast.
Die Schülerzahlen würden in den nächsten Jahren steigen und gegen 500 gehen. Das sagt Bettina Diem vom kantonalen Bildungsdepartement: «Wir beobachten eine Trendwende. Die Statistik des Bundes zeigt, dass der Aargau wächst.» Dieses Wachstum sei schon länger zu beobachten. Doch erst in den nächsten Jahren, so Diem, werde es bei den Kantis voll durchschlagen. Denn zuerst kämen die vielen neuen und jungen Aargauerinnen und Aargauer in die Volksschule und erst einige Jahre später dann in die Mittelschule.
Die Kanti Zofingen hat an Ausstrahlung gewonnen.
Nicht nur bei den Zahlen ist bei der Kanti eine Veränderung im Gang. Auch die Aussenwahrnehmung hat sich in letzter Zeit verändert. «Die Kanti Zofingen hat an Ausstrahlung gewonnen. Man ist bemüht, sich besser zu präsentieren», sagt Hans-Ruedi Hottiger, Stadtammann von Zofingen.
Er nennt ein Beispiel für den neuen Wind an «seiner» Kantonsschule: Diese feierte letztes Jahr ihr 40 Jahr-Jubiläum. Der Rektor entschied, die Klassen in die Altstadt zu schicken und den Unterricht dort stattfinden zu lassen. «Das kam gut an», bilanziert Hans-Ruedi Hottiger. Er hat auch registriert, dass der neue Rektor in der Öffentlichkeit viel präsenter sei als dessen Vorgänger.
Rektor sieht Kleinheit als Stärke
Der neue Rektor, das ist Patrick Strössler. Knapp zwei Jahre ist er im Amt. Er ist kein Gewächs des Hauses. Er kam von aussen, als Quereinsteiger. Strössler hat zwar das Patent als Mittelschullehrer. Aber den grössten Teil seiner Karriere hat er ausserhalb des Schulbereiches gemacht. Bevor er Rektor wurde, war er Leiter E-Business beim TCS.
Wir können neue Konzepte viel schneller umsetzen als grosse Schulen.
«Ich handle nach der Devise: Tue Gutes und sprich darüber», sagt der Rektor im Gespräch mit Radio SRF. Unter dem «Guten» versteht Strössler zum Beispiel das selbstorientierte Lernen (SOL), das an der Kanti schon länger und systematisch betrieben werde. Ein halber Tag pro Woche sei mindestens pro Woche für diese Unterrichtsform reserviert. Es gehe darum, dass die Schüler individuell lernen mit den Lehrern als Coaches.
Strössler: «Wir sind eine kleine Schule. Und klein ist gleich modern. Wir können neue Konzepte viel schneller umsetzen als grosse Schulen. Dort dauert alles viel länger. Der Rektor fügt gleich noch ein anderes Beispeil an: BYOD. Diese Abkürzung steht für «bring your own device». Und keine andere Kanti im Kanton, so betont Strössler, habe dieses Konzept so konsequent durchgezogen wie eben die Mittelschule in Zofingen.
Und wie funktioniert BYOD? Die Schülerinnen und Schüler der Kanti müssen von zu Hause ihre eigenes Laptop mitbringen. Der Unterricht ist so gestaltet, dass die Jugendlichen mit Hilfe ihrer digitalen Geräte überall elektronisch lernen können.