SRF: Der Kanton zieht gegen die Regierung vor Gericht, nachdem Verhandlungen gescheitert sind. Man erhält den Eindruck, es eine Missstimmung zwischen Gemeinden und Kanton. Stimmt das?
Jörg Kündig: So würde ich es nicht formulieren. Dass wir vor Gericht gehen, ist ein normales Vorgehen. Denn nur ein Gericht kann klären, ob die Gemeinden Geld zurückerhalten, das sie für Jugendliche im Heim bezahlt haben.
Also keine Missstimmung. Wie würden Sie denn die Stimmung beschreiben?
Je nach Thema unterschiedlich. Klar ist: Wenn immer möglich möchten wir eine gemeinsame Lösung finden. Nur ist zur Zeit der finanzielle Druck sehr hoch, auf den Kanton und die Gemeinden. Die Diskussionen darüber, wer zahlt, führen zum Teil zu harten Auseinandersetzungen. Das gehört aber dazu.
Die Diskussionen drehen sich meist ums Thema Geld. Kann es mir als Zürcherin nicht egal sein, ob die Gemeinde oder der Kanton bezahlt? Beides sind meine Steuergelder.
Wir sind dem Finanzdruck viel unmittelbarer ausgesetzt. Wir spüren direkt den Unmut der Einwohnerinnen und Einwohner, wenn sie mit den Steuern nicht einverstanden sind, im Dorfladen etwa, an der Gemeindeversammlung. Ausserdem wollen wir, wenn wir zahlen, auch mitbestimmen.
Haben denn die Gemeinden genug Einfluss? Im Kantonsrat etwa ist die Fraktionsdisziplin hoch. Kaum ein Gemeindevertreter schert bei Abstimmungen aus und das Parlament beschliesst laufend Mehrkosten für die Gemeinden.
Das gehört zum normalen politischen Prozess. Ich kann mich in den Kommissionen und in der eigenen Fraktion im Vorfeld einbringen und die Argumente der Gemeinden erklären. In der Abstimmung beuge ich mich dann dem Willen der Fraktion. Ich finde, die Gemeinden haben durchaus Einfluss, zumal starke Vertreter der Gemeinden im Parlament sitzen.
Das Interview führte Nicole Freudiger.