Im September 2017 stellte die Rektorenkonferenz der Aargauer Kantonsschulen das «Unterrichtsmodell 2019+» vor. Hintergrund: Die Kantonsschulen müssen auf Befehl der Aargauer Regierung im Jahr 2018 gegen zwei Millionen Franken sparen. Die Rektoren wollten nicht auf Sparentscheide der Politik warten, sondern selber aktiv werden. Sie verbanden die Idee, ihre Schule weiterzuentwickeln mit der Idee, gleichzeitig Geld zu sparen.
Die Eckdaten des Unterrichtsmodells 2019+
- Lektionen sollen nicht mehr 45 Minuten lang sein, sondern 80 Minuten.
- Dadurch werde der Alltag der Schülerinnen weniger zerstückelt und die Unterrichts- und Lernformen würden vielfältiger.
- Die MINT-Fächer sollen gestärkt werden, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik.
- Weniger Sprachunterricht. Die Rektoren wollen kürzen beim Französisch und beim Englisch.
- Neue Fächer: politische Bildung und Medienkompetenz.
- Die Unterrichtszeit an den Kantonsschulen soll sich um fünf Prozent verringern. Erzielt wird dieser Spareffekt auch durch die Langlektionen (aus 2x45 Minuten werden 80 Minuten; Spareffekt 10 Minuten).
Widerstand und Brief an Lehrer
Die Rektoren gaben ihre Vorschläge in eine Vernehmlassung bei den Mittelschullehrerinnen und -lehrern. Das Echo war zuerst verhalten positiv. Je intensiver sich die Lehrpersonen jedoch mit den Vorschlägen auseinandersetzen, desto grösser wurde ihr Widerstand. Die Rektoren mussten einsehen, dass ihr neues Unterrichtsmodell Schiffbruch erlitten hat.
In einem Brief (datiert 11. Dez. 2017) an die Lehrpersonen, der SRF vorliegt, schreiben die Kantirektoren: «Während gewisse Vorschläge im September noch Rückhalt genossen (z. B. die Langlektionen), ist die Stimmung nach den Herbstferien gekippt und der Befund ist eindeutig: Die Mehrheit der Lehrpersonen lehnt das Unterrichtsmodell 2019+ in der vorliegenden Form ab. Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keinen Rückhalt für das Modell.»
Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt keinen Rückhalt für das Modell.
Die Kritikpunkte der Lehrpersonen
- Mit den Langlektionen bzw. mit der Unterrichtsreduktion pro Klasse müssen die Lehrerinnen und Lehrer mehr Klassen unterrichten. Dies erhöhe die Arbeitsbelastung wesentlich, weil die Unterrichtsvor- und Nachbereitung und die Betreuung der Klassen sehr viel Aufwand bedeuteten.
- Die MINT-Fächer dürften nicht auf Kosten der Sprachfächer gestärkt werden. Die Universitäten verlangten ein gewisses Niveau bei den Sprachen. Dieses sei gefährdet, wenn man MINT- und Sprachfächer einander angleichen würde.
- Neue Fächer wie politische Bildung oder Medienkompetenz seien grundsätzlich nicht schlecht. Aber diese Inhalte würden schon heute im Unterricht vermittelt.
- Das grundsätzliche Problem des neuen Unterrichtsmodell 2019+ sei die Koppelung der Weiterentwicklung der Kantonsschulen mit einem Sparauftrag. Es gehe nicht an, vom System immer mehr zu verlangen und gleichzeitig die Ressourcen zu kürzen.
Weiteres Vorgehen: Neuer Anlauf möglich?
Die Lehrpersonen anerkennen die Bemühungen der Rektoren, proaktiv zu handeln und sich nicht auf (überstürzte) Sparaufträge der Politik zu warten. Sie verdanken den Rektoren auch, dass sie sehr gut in die Diskussion über das neue Unterrichtsmodell einbezogen worden seien.
Nichtsdestotrotz lehnen die Lehrer das neue Unterrichtsmodell ab. Bei einem neuen Anlauf müsse die Diskussion von Anfang an breiter laufen und breiter angelegt sein, sagen Michael Bouvard und Michael Laufer, Co-Präsidenten des Verbandes Lehrpersonen Mittelschule Aargau, gegenüber SRF.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 17:30 Uhr, ulrs;buec)