Beispiel 1: Das solothurnische Kienberg will zum Aargau
2008 hatte die kleine ländliche Gemeinde Kienberg genug vom Kanton Solothurn. Wegen chronischer Finanzprobleme wollte die Kantonsregierung aus der fernen Hauptstadt Solothurn der Gemeinde einen höheren Steuerfuss verordnen. Nicht mit uns, hiess es bei den Leuten in Kienberg. Sie drohten mit einem Anschluss ans aargauische Wittnau.
«Wir wollten ein Signal nach Solothurn schicken», erinnert sich der damalige Gemeindepräsident Christian Schneider im Gespräch mit SRF. «Wir erhielten aus unserer Sicht viel zu wenig Finanzausgleich und wollten zeigen, dass sich auch kleine Gemeinden wehren können.»
Es war ein symbolischer Akt. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass ein Kantonswechsel kaum eine Chance habe, sagt Christian Schneider. Im Dorf habe es aber wenig Überwindung gebraucht einen Wechsel zum Aargau anzudrohen, da die Beziehungen ins Aargauer Fricktal sowieso viel stärker seien, als jene nach Solothurn.
Beispiel 2: Das luzernische Pfeffikon will zum Aargau
Etwas konkreter als im Beispiel 1 waren die Fusionsabsichten im Aargauer Wynental.
In Reinach ist man einiges näher am Kanton Luzern als an der Kantonshauptstadt Aarau. Innert fünf Minuten kommt man vom Reinacher Gemeindehaus zu Fuss ins Nachbardorf – ins luzernische Pfeffikon.
«Wenn man von oben auf eine Karte schaut, merkt man, dass Pfeffikon fast ein Teil vom Kanton Aargau ist», sagt Martin Heiz, langjähriger Gemeindeammann von Reinach. Pfeffikon sei eine Art Enklave, die auf der Strasse nur via Aargauer Boden erreichbar ist.
Man lebe hier nahe zusammen, komme gut miteinander aus und pflege auch guten Austausch, erklärt Martin Heiz. Das Verhältnis über die Kantonsgrenze hinweg sei eigentlich fast besser als zum Aargauer Nachbardorf Menziken, mit dem traditionell eine innige Rivalität bestehe, schmunzelt Heiz.
Luzern macht plötzlich einen Strich durch die Rechnung
Als seine Gemeinde Reinach zusammen mit Menziken und Burg eine Fusion prüften, sei es fast logisch gewesen, dass man auch Pfeffikon mit ins Boot hole, sagt Heiz. Zunächst habe das zwar Kopfschütteln verursacht erinnert sich der Gemeindeammann zurück, doch in technisch-sachlichen Fragen sei man sich dann rasch näher gekommen.
Zu Reden gaben – wie das andernorts bei Fusionen auch ist – vor allem die kleinen Dinge. «Die Frage nach LU oder AG Autonummern, darüber wurde lustigerweise am meisten gesprochen.»
Das Ende der Fusionsabsichten am Südrand des Aargaus kam durch einen Beschluss im Luzerner Kantonsrat. Ein Parlamentarier stellte den Antrag, man solle die nächsten vier Jahre auf die Verfolgung von Fusionsprojekten verzichten. Der Antrag kam durch und beendet die Vorstellung von der gemeinsamen Zukunft.