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«Kein Publikationsbedürfnis» Polizeistudien für 117'000 Franken werden nicht publiziert

Die Universität Zürich führt im Auftrag der Kantonspolizei Zürich jährlich eine Opferbefragung durch. Die Berichte werden jedoch nicht publiziert. Das löst Kritik aus.

Seit 2012 befragt die Universität Zürich Opfer von Verkehrsunfällen, Einbruchdiebstählen und Gewaltdelikten. Die Auftraggeberin ist die Kantonspolizei Zürich.

Sie will damit herausfinden, wie zufrieden die betroffenen Personen mit dem Kontakt und der Arbeit der Kantonspolizei sind. Und: «Positive oder negative Veränderungen im Umgang mit Betroffenen können dank der regelmässigen Befragungen frühzeitig erkannt werden», erklärt Stefan Oberlin, Mediensprecher der Kantonspolizei Zürich.

«Studien müssten publiziert werden»

Bisher verfasste die Universität Zürich sechs Berichte. Kostenpunkt: 117'000 Franken. Die Studien werden zwar in den Jahresberichten der Kantonspolizei erwähnt und wurden zum Teil in einem Fachbuch besprochen, doch publiziert worden sind die Studien nirgends.

Markus Bischoff, Kantonsrat der AL, kritisiert das: «Es kann nicht sein, dass öffentliche Gelder eingesetzt werden, um die Arbeit der Kantonspolizei zu analysieren, diese Berichte dann aber nicht publiziert werden.»

«Kein Publikationsbedürfnis vorhanden»

Die Kantonspolizei Zürich nimmt zur Kritik schriftlich Stellung und erklärt: «Das Schweizer Fernsehen ist die erste externe Stelle, die sich für die gesamten Studien interessiert. Dies zeigt, dass es offenbar kein Bedürfnis für eine umfassende Publikation der Studien gibt». Einsicht in die Studien gäbe es auf Anfrage.

Für Markus Bischoff ist dies kein Grund, die Studien nicht zu publizieren. Zudem wäre eine Publikation auch im Sinn der Universität Zürich: «Die Wissenschaft lebt von der Kritik und von der Öffentlichkeit.»

Ko-Autor der Studien ist Christian Schwarzenegger, Leiter des Kriminologischen Instituts der Universität Zürich.

Für ihn ist es unproblematisch, dass die Berichte nicht veröffentlicht werden: «Diese Studien sind eine Dienstleistung, die wir im Auftrag der Kantonspolizei Zürich erbringen. Solche Auftragsstudien werden in der Regel nicht publiziert. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Studien nach wissenschaftlichen Regeln durchgeführt werden.»

Polizei schneidet gut ab

SRF verlangte Einsicht in die gesamten Studien. Die 50 bis 75-seitigen Berichte zeigen: Die Zufriedenheit der Befragten mit der Arbeit der Kantonspolizei ist hoch. Das zeigen sowohl die Befragungen von Beteiligten eines Verkehrsunfalls wie auch von Opfern eines Einbruchdiebstahls.

Die Gesamtzufriedenheit liegt in sämtlichen Studien bei 90 Prozent oder mehr. «Die Kantonspolizisten leisten tolle Arbeit. Als ich Unterstützung benötigte, habe ich diese sofort erhalten», sagt ein Betroffener eines Gewaltdelikts in der Befragung.

Die Studien beleuchten eine grosse Anzahl an Themen: Von der Dauer bis zum Eintreffen der Polizei bei einem Einbruchdiebstahl bis hin zum Tatort von Gewaltdelikten.

Fehlende Empathie

Doch gibt es auch Kritik: Die Studien zeigen, dass es immer wieder Opfer von Gewaltdelikten gibt, die sich nicht ernst genommen fühlen und von fehlender Empathie sprechen. Ein Opfer eines Gewaltdelikts sagte in der Umfrage: «Meine Ängste wurden nicht ernst genommen.» Die Studienautoren halten dazu fest, dass das Fehlen von Empathie und Hilfsbereitschaft häufig kritisiert werden.

Sämtliche Studien macht SRF hier einsehbar.

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