Am 13. November 1819 eröffnete Jakob Kern in einem Hinterhaus in der Aarauer Altstadt eine kleine Werkstatt. Fortan stellte er dort Reisszeug und Zirkel her, also Vermessungsinstrumente. Das bekannteste Produkt: der Kern-Zirkel, welcher früher beinahe jedes Schulkind in seinem «Thek» hatte.
Das Geschäft mit den Zirkeln läuft gut für Jakob Kern. So gut, dass er sein Sortiment bald erweitern, bald grössere Instrumente produzieren kann. Kern erhält grössere Aufträge, beispielsweise von Henri Dufour, welcher eine Landeskarte der Schweiz herstellen will. «Dufour bestellte bei Kern einen Theodoliten, um Winkel zu messen», weiss Laura Aellig. Sie hat im Stadtmuseum Aarau eine Ausstellung anlässlich des Gründungsjubiläums kuratiert.
Kern-Instrumente begleiten die Industrialisierung der Schweiz, sie spielen beim Bau der grossen Bahntunnels am Gotthard und Simplon eine wichtige Rolle. «Jakob Kern lieferte die Vermessungs-Instrumente für die ganz wichtigen Bauten dieser Zeit», so Laura Aellig. Doch Kern war nicht nur für die Schweiz wichtig: die Aarauer Firma entwickelte sich zu einem weltweiten Unternehmen.
«Jakob Kern hat die Instrumente nicht erfunden, es gab sie schon. Das war nichts Innovatives», so Kuratorin Aellig. Die Aarauer Produkte hätten aber durch ihre Qualität und Präzision bestochen und seien deshalb sehr gefragt gewesen.
Auch die beiden Weltkriege überstand Kern, welcher während der Kriegsjahre vor allem die Armee belieferte.
Wirtschaftlich auf ihrem Höhepunkt war Kern in den 1960er-Jahren. Damals arbeiteten rund 1300 Angestellte für die Firma, sie erzielte 90 Prozent ihres Umsatzes mit dem Export.
Dann aber begann der Niedergang. In den 70er-Jahren kämpfte Kern mit der Weltwirtschaftskrise, in der 80er-Jahre mit dem Preisdruck, der Digitalisierung und gegen die Konkurrenz aus der Ostschweiz.
Ende der 80er Jahre kauften die Ostschweizer die Traditionsfirma und wenige Jahre später musste diese ihren Fabriken in Aarau schliessen. Ganz verschwunden ist Kern aber nicht: Die bekannten Zirkel mit dem Kern-Logo gibt es heute noch – sie werden einfach in Italien gefertigt.