Ein Chatbot auf einer Kundendienst-Webseite bietet einige Vorteile: Er ist rund um die Uhr verfügbar und das ohne Warteschleifen, ortsunabhängig nutzbar und kann eine Vielzahl von Anfragen schnell beantworten. Wobei «beantworten» bis anhin oft Wunschdenken war: Die digitalen Helfer arbeiteten vor KI mit vordefinierten Frage-Antwort-Paaren und konnten deshalb nur auf exakt formulierte Fragen antworten, die in die Schablone passen.
Das Versprechen der KI-Chatbots setzt hier an: Sie sollen besser umgehen können mit frei formulierten Fragen und lassen sich auch von mehreren Themen in einer Frage nicht aus dem Konzept bringen.
SBB und Neon sind zufrieden mit dem KI-Chatbot
Die SBB und die Digitalbank Neon haben seit einigen Wochen einen KI-Chatbot im Einsatz. Die Erfahrungen sind positiv: Rund 90 Prozent der Anfragen an «Neon Help» seien erfolgreich, heisst es. Bei der SBB habe der «SBB Chat» bei rund 60 Prozent der Fragen das Problem lösen können. Wenn nicht, wird der Kunde an einen Menschen weitergeleitet.
Dass die Erfolgsquote der SBB tiefer ist, hängt vor allem mit der Komplexität des Angebots zusammen. Die Dienstleistungen der Smartphone-Bank Neon sind im Vergleich überschaubar.
Ein Chatbot braucht menschliche Pflege
Um besser zu werden, pflegt, ergänzt und aktualisiert eine Redaktion die Daten und Wissensquellen der Chatbots. Das Team analysiert Fälle, bei denen der Bot keine Antwort geben konnte und weist das Sprach-Modell so an, dass Formulierungen präziser werden.
Und: Die Redaktion entscheidet auch, welche Arten von Anfragen der Bot beantworten soll und welche nicht. Nachdem man zum Beispiel bei der SBB festgestellt habe, dass Kunden die Frage stellten «Wie fahre ich am besten schwarz», informiert der Chatbot, dass er darauf keine Antworten gebe.
Die Kompetenzen der Mitarbeitenden und deren Wirken auf den Bot im Hintergrund sei mindestens so wichtig wie die Technologie selbst, betont auch Neon. Der Erfolg des Chatbots hänge stark von der kontinuierlichen Arbeit und Anpassung durch das Redaktionsteam ab.
Wer nur sparen will, wird (derzeit noch) scheitern
Wer einen KI-Bot nur einsetzen will, um Personal und Kosten zu sparen, wird scheitern und den Kundendienst insgesamt verschlechtern. Diese Erfahrung machte der schwedische Zahlungsanbieter Klarna. Ihr Chef verkündete vor einem Jahr euphorisch, der neue KI-Chatbot könne die 700 Menschen im Kundendienst ersetzen und gleichzeitig einen schnellen Service rund um die Uhr bieten.
Vor Kurzem krebste Klarna zurück. Man sehe die Zukunft darin, in die Qualität der menschlichen Unterstützung zu investieren – was aber nicht bedeute, dass das Unternehmen nicht weiterhin auch auf KI im Kundendienst setzen wolle.
Die SBB setzen den KI-Chatbot ein, damit die 450 Mitarbeitenden im Kundendienst die seit Jahren steigende Nachfrage meistern können. Derzeit sind es rund zwei Millionen Kundenkontakte pro Jahr. Die Hälfte davon läuft über das Telefon, etwa 45 Prozent über E-Mail und Kontaktformular und fünf Prozent übernimmt der Chatbot – Tendenz steigend.
Auch die Neon-Bank will mit dem Chatbot in erster Linie das Kundendienst-Team entlasten, in dem die repetitiven Fragen an den Bot delegiert werden.