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Kinder- und Jugendheime Herzblut allein reicht nicht mehr

Der Kanton Bern will alle 92 Kinder- und Jugendheime gleich behandeln. Das passt nicht allen.

Brauchen Kinder oder Jugendliche eine spezielle Betreuung, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten: Einerseits sind da die Kinder- und Jugendheime, andererseits gibt es Pflegefamilie, die sich um Kinder kümmern, die nicht in der eigenen biologischen Familie leben können.

In den Heimen leben im Kanton Bern rund 2000 Kinder und Jugendliche, in Pflegefamilien rund 700. Hinzu kommen rund 1000 Jugendliche, die sich in einem sozialpädagogischen Programm befinden.

Alle sind ein bisschen zuständig

Heute sind drei Direktionen des Kantons Berns, sowie fünf Ämter in irgendeiner Form an der Organisation dieser Angebote beteiligt. Das soll sich nun ändern: Künftig soll nur noch eine Direktion zuständig sein – und zwar die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion.

Das ist der Plan des Regierungsrats. Deshalb hat er ein neues Förder- und Schutzgesetz erarbeitet, das sich zurzeit in der Vernehmlassung befindet.

Dies will einheitliche Tarife mittels Pauschale oder Stundenansatz. Mehr Transparenz, Rechtsgleichheit und Qualitätsstandards sind das Ziel.

Unmut im Emmental

«Der Kanton Bern soll uns die nötige Freiheit lassen und uns nicht reinreden», sagt Michel Seiler vom Berghof Stärenegg. Die Stärenegg befindet sich etwas ausserhalb von Trubschachen, nahe der Kantonsgrenze.

Die Stärenegg ist in den 1970er-Jahren aus dem Schlössli Ins entstanden, einer mittlerweile geschlossenen, anthroposophischen Schul- und Heimgemeinschaft.

Arbeiten mit den Händen

Auf fünf von sechs kleineren und grösseren Bauernhöfen werden die Kinder und Jugendlichen betreut. Sie erleben den Landwirtschafts- und Handwerksalltag hautnah mit. Sie finden Ruhe und Sicherheit bei ganz alltäglichen Arbeiten; zum Beispiel beim Holz hacken, beim Gold waschen oder beim Fischen.

Die Kinder und Jugendliche können wenn nötig auch auf Bauernhöfen in acht verschiedenen Ländern untergebracht werden – weit weg von der Schweiz, weit weg von den Problemen und ihrer belasteten Vorgeschichte. Mit dem neuen Förder- und Schutzgesetz wird es jedoch deutlich schwieriger, Kinder und Jugendliche einem Angebot im Ausland zuzuführen. Dies soll nur noch der Fall sein, wenn ein vergleichbares Angebot in der Schweiz nicht existiert.

Seiler will mehr Praxis und weniger Expertentum

«Es spielt weniger eine Rolle, wie die Kinder den Weg zurück in die Gesellschaft finden. Sondern, dass sie ihn überhaupt finden», sagt Michel Seiler, der wenig von Diplome von Hochschulen und Universitäten hält.

Michel Seiler feierte im April seinen 70. Geburtstag. Wie er das Netzwerk Stärenegg im Hinblick auf das neue bernische Förder- und Schutzgesetz aufstellen wird, ist noch unklar.

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