Die Ausgangslage
Ein Betreuungsangebot über den Mittag, in der Schule Mittagessen und Hausaufgaben machen: Tagesschulen sind im Kanton Zürich auf dem Vormarsch. In der Stadt Zürich läuft ein Testbetrieb, in Winterthur ist ein solcher angedacht. Eine einheitliche Regelung für den Kanton Zürich, was Tagesschulen betrifft, existiert allerdings noch nicht. Das Zürcher Kantonsparlament hat heute eine mögliche Regelung, ein Vorschlag der Regierung beraten. Dabei war besonders umstritten, ob Tagesschulen in Zukunft obligatorisch sind oder nicht.
Der Vorschlag
Die Zürcher Regierungsrätin Silvia Steiner betonte, dass niemand gezwungen werde, eine Tagesschule zu besuchen. «Tagesschulen sind eine sehr gute Sache, aber sie müssen freiwillig sein», sagte sie heute im Zürcher Kantonsrat. Deshalb soll im Gesetz stehen, dass der Betrieb einer Tagesschule auch ohne ein Obligatorium funktioniert.
Das Misstrauen
Es gebe sehr wohl einen Zwang, war die SVP am Montagmorgen der Meinung. Nämlich dann, wenn eine Gemeinde Tagesschulen einführe und eine skeptische Familie ihre Kinder deswegen in die Nachbarsgemeinde schicken müsse, sagte etwa Kantonsrat Matthias Hauser: «Es ist keine Alternative, wenn ein Kind entweder von seinen Gspähnli getrennt wird oder auf die familiäre Mittagspause verzichten muss.» Die SVP wollte deshalb mit einem Vorstoss erreichen, dass der Rat die Gesetzesregelung erst gar nicht berät.
Das Unverständnis
Mit diesem Argument kam die SVP im Kantonsparlament nicht gut an. Corinne Thomet von der CVP sagte etwa: «Dass man den Müttern ihre Kinder wegnimmt mit dieser Gesetzesbestimmung, das ist definitiv nicht so.» Es gebe keinen Zwang, sagte auch GLP-Kantonsrat Christoph Ziegler: «Der Staat würde damit zu stark in die Familienstrukturen eindringen.» Widerstand wäre vorprogrammiert und gar nicht im Sinne der Tagesschulen, sagte er weiter. Ähnlich sahen es die meisten Fraktionen im Kantonsparlament. Der Vorstoss der SVP wurde deshalb mit 114 zu 51 Stimmen abgelehnt.