Es ist ein ungewöhnliches Haus, das Kinderkurhaus im Unterwallis. Ein Haus, in dem sich viele Geschichten abspielen, Geschichten von Krankheit und Heimweh, aber auch von Freude und Hoffnung. Seit 1970 waren in diesem Haus schon mehr als 8000 kranke Kinder einquartiert, Kinder aus Afrika oder Irak. Weit weg von ihrer Heimat, den Geschwistern und den Eltern warten sie darauf, dass sie in der Schweiz operiert werden – oder sie erholen sich von einer Operation.
Putzmittel getrunken
Seit 18 Jahren leitet Philippe Gex das Haus. «Wir wollen den Kindern ein möglichst normales Leben ermöglichen», betont er. «Auch wenn ihre Krankheit den Tagesablauf bestimmt mit Medikamenten, Operationen, Konsultationen. Es soll hier sein wie in einem Ferienlager, auch wenn es keines ist.»
Es soll hier sein wie in einem Ferienlager, auch wenn es keines ist.
Im Haus sieht man Verbandstoff, Rollstühle, Medikamente. Die Kinder leiden an unterschiedlichen Krankheiten. Manche haben Schwierigkeiten mit ihrem Körperbau, manche sind herzkrank, andere haben – wie der siebenjährige Adama – eine verätzte Speiseröhre, weil sie versehentlich Putzmittel tranken. In ihrer Heimat wurden sie von Ärzten ausgesucht und in die Schweiz geschickt, um die Chance darauf zu erhalten, ein gesundes Leben zu führen.
Getrennt von den Eltern
Die Kleinsten unter den Patienten sind zwei, drei Jahre alt, die älteste ist 24-jährig. Noura Mahmoud stammt aus Mauretanien. Sie kennt das Haus in Massongex seit elf Jahren und weiss, dass am Anfang das Heimweh gross ist. Mit der Zeit aber wachse einem dieses Haus ans Herz. «Wenn ich wieder für ein Jahr in meine Heimat zurückgehe, fehlt mir das Haus», erzählt sie. «Ich bin mit diesem Ort verbunden. Es ist nicht einfach: Ich habe zwei Leben, eines hier, eines dort.»
Mit der Zeit wächst einem das Haus ans Herz.
Primarschullehrer Ouedraogo Oumdouba kennt diese Geschichten, er sah hier schon unzählige Kinder kommen und gehen: «Es gibt halt immer eine Trennung von den Eltern und der Heimat, die Kinder kommen in ein neues Umfeld. Am Anfang weinen viele vor lauter Heimweh, aber sobald sie dann zur Gruppe gehören, geht es gut.» So gut, dass manch ein Kind auch dann wieder weint, wenn es sich von den neuen Freundinnen und Freunden trennen muss, weil es in die Heimat zurückkehren darf.
Lektion in Sachen Optimismus
Direktor Philippe Gex staunt darüber, wie die Kinder mit Schmerz und Krankheit umgehen: «Wir haben hier Kinder, die uns eine Lektion in Sachen Optimismus erteilen. Wir selber regen uns ja oft über Kleinigkeiten auf, diese Kinder hingegen zeigen viel Mut, notabene weit weg von ihren Eltern. Das dürfen wir nicht vergessen.»